Freitag, 24. Mai 2019

Progredienzangst

Am letzten Samstag fand die Jahreshauptversammlung unserer CF-Selbsthilfe Braunschweig e.V. statt. Dipl. Psych. Frank Bauer hielt einen superguten Vortrag über Ängste bei chronischer Krankheit (Progredienzangst). Leider war die Anzahl unserer Mitglieder vor Ort sehr überschaubar. Wir haben - wie wohl viele Vereine in Deutschland - ein Nachwuchsproblem. Deswegen hier an dieser Stelle der Aufruf an alle Muko-Familien aus Hannover - Braunschweig - Harz: Kommt gerne mal zu einem unserer Gruppentreffen (oder zum Muko-Spenden-Schwimmen in Königslutter oder zum Muko-Spendenlauf Hannover). Der Austausch mit Gleichgesinnten ist wirklich schön und oft gibt es aus erster Hand Neuigkeiten aus Forschung und Therapie. Werft Eure Vorurteile über Bord: Denn es ist nicht so, dass wir dort zwei Stunden im Kreis sitzten und uns bemitleiden - Nein. Also traut Euch und schließt Euch uns an. Wer weiß wie lange es diese Gruppe sonst noch gibt...

Nun zum eigentlichen Thema unseres heutigen Beitrags: Progredienzangst

Ansgt bei chronischen Erkrankungen


Dipl. Psych. Frank Bauer (er arbeitet bei der Evangelischen Stiftung Neuerkerode mit geistig und/oder körperlich behinderter Menschen zusammen) hatte einen sehr guten und informativen Vortrag für uns vorbereitet.

Progredienzangst ist Angst chronisch Kranker - oftmals ehr vor der Zukunft, als vor dem hier und jetzt, d.h. eine Angst vor der Verschlechterung, vor Einschränkungen, mehr Hilfe, nachlassenden Kräften, kurz: vor dem Fortschreiten der Krankheit.

Herr Bauer machte bei seinem Vortrag klar, dass Angst per se nichts Schlechtes ist, sondern in vielen Fällen durchaus hilfreich oder nützlich ist (z.B. Selbstschutz, Warnung, aber auch Antrieb). Angst zu haben ist durchaus normal und "gesund" - wenn es nicht zu einer dauerhaften Situation wird.

Was ist Angst?


Angst ist ein Gefühl, ein emotionaler Zustand. Angst findet in Gedanken statt - es handelt sich dabei um Einschätzungen, Befürchtungen und Prognosen. Und Angst zeigt sich im Verhalten als Flucht, Kampf oder Erstarren. Jeder von uns reagiert da anders.
Allerdings führt dieses Gefühl manchmal auch zu körperlichen Problemen wie z.B. Herzrasen, Schalfstörungen, Hautreaktionen oder Eßstörungen, Sehstörungen oder Ohrgeräuschen, Engegefühl oder Luftnot...

Es gibt auch "angemessene Angst" z.B. bei Trennung, Verlust oder Hilflosigkeit - ebenso wie bei Aufregung, Nervosität oder einer Karusselfahrt. Wahrscheinlich hat jeder von uns sowas schon einmal erlebt.

Angst soll Teil der Lösung sein


... und nicht Teil des Problems.
Chronische Krankheiten wie Mukoviszidose verlaufen sehr unterschiedlich. Nicht nur die Betroffenen, sondern auch für die Familie gibt es oft schwierige oder belastende Situationen.
Da eine chronische Erkrankung dauerhaft und unentrinnbar ist, meinen viele ihre Zukunft zu kennen. Dass unsereins Angst vor z.B. Kontrollverlust hat, mal von Selbstzweifeln geplagt wird, Groll oder Bitterkeit empfindet, ist deswegen ganz normal.

Wenn die Angst zu groß wird und einen zu hohen Stellenwert im Leben einnimmt, wenn z.B. Mukos sich zurück ziehen, passiv werden oder gar Behandlungen abbrechen, dann sollte gegengesteuert werden. Bei Angst und Depression gibt es Hilfe. Und es ist auch nicht schlimm oder seltsam oder was auch immer... wenn unsereins (oder unsere Angehörige) diese Hilfe annimmt.
Manchmal hilft schon ein einfaches Gespräch, um sich den ganzen Scheiß einfach mal von der Seele zu reden (Selbsthilfe s.o.) und manchmal hilft ein Gegenüber mit psychologischer Ausbildung (und vor allem ein Gesprächspartner, der nicht aus der Familie oder dem Bekanntenkreis kommt).

Was tun?


Fast alle chronisch Kranken brauchen Mitgefühl - aber kein Mitleid. Redet die Angst nicht klein oder tut sie ab. Für die Betroffenen sind die Ängste bedeutsam und real.
Hilfe gibt es z.B. beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP), manchmal kennt  auch der Haus- oder Ambulanzarzt Ansprechpartner. Niemand sollte alleine mit seinen Problemen sein.

Paßt gut auf Euch auf,
Insa


Freitag, 17. Mai 2019

Der Simeox im Text

[Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.] In dieser Woche durfte ich den Simeox testen. Zugegebenermaßen kommt das Gerät für mich fünf oder besser zehn Jahre zu spät, denn eine gut funktionierende Spenderlunge ist ja kein Vergleich zu einer Muko-Lunge. Es ist aber so, dass ich durchaus manchmal Sekret in meiner Spenderlunge fühle - und es dann nicht rausbekomme... Total frustrierend übrigens. Da mache ich 30 Jahre lang Tag ein - Tag aus Autogene Drainage (in den Jahren vor der Lungentransplantatin locker zwei Stunden pro Tag) und das all die Jahre sehr erfolgreich... und nun geht irgendwie nix mehr. Die neue Lunge funktioniert einfach anders - vor allem die Flimmerhärchen arbeiten nicht so wie sie sollen. Deswegen wollte ich den Simeox gerne einmal ausprobieren und gucken, ob er mir was bringt.

Es hat ein paar Tage gedauert bis ich mit dem Teil "warm geworden" bin. Am Anfang dachte ich, ich wäre dafür zu doof... aber alles der Reihe nach.

Wie funktioniert der Simeox?


Der Simeox kommt aus Frankreich. Mit Pneumatischen Signalen (Ultrakurze Unterdruck-Impulse) soll der Schleim leichter aus der Lunge befördert werden. Grundlage für diese Idee ist die sogeannte "Strukturviskosität"- so wie beim Ketchup: im Normalzustand ist Ketchup zähflüssig - schüttelt man aber die Flasche, wird er flüssig. Genau so verhält es sich auch mit dem Sekret in der Lunge.

Das Gerät arbeitet mit der Ausatmung. Man/frau soll ganz entspannt sitzen oder liegen und ähnlich wie bei der Drainage atmen: geräuscharm und ohne Anstrengung, mit einer Pause nach der Einatmung.
Es gibt verschieden Stärken der Vibration, die eingestellt werden können. Und die Zahl der Ausatmungen kann variiert werden: 6, 8 oder 10x Ausatmen. Dabei sind die letzten beiden Ausatemzüge in einer anderen Frequenz, mit der der Schleim befördert werden soll - mit den ersten Ausatmungen soll der Schleim verflüssigt werden.
Damit das Gerät auch wirklich nur während der Ausatmung arbeitet gibt es eine Fernbedienung, die gedrückt wird sobald man/frau ausatmet. Das funktioniert sehr gut. (Manchmal wird gegen Ende die Zunge leicht eingesaugt...dann hilft es mit dem Munstück etwas zu spielen bzw. eine andere Richtung oder Haltung - hoch- oder runterdrücken - zu versuchen.)

Mich hat ein Test an diesem Gerät auch gereizt, weil es eine passive Form der Sekretmobilisierung ist. Ich glaube, das hätte mir vor zehn Jahren ganz gut gefallen.

Versuchsaufbau


Meine Testläufe sahen wie folgt aus:
  1. Inhalation mit hochprozentigem NaCl (3%)
  2. Acht Durchgänge à 8 Ausatmungen mit dem Simeox 
  3. Ergometertraining
Grundsätzlich empfehle ich mindestens eine Stunde Pause zur letzten Mahlzeit...

Wie schon gesagt, am Anfang hatte ich große Probleme mit dem Gerät. Ich hatte das Gefühl, dass die Ausatmung mit Schallwellen nicht da ankommt, wo sie ankommen soll. Der Simeox hat eine kleine Skala, die anzeigt/ausschlägt, wenn es richtig gemacht wird. Da passierte bei mir bei den ersten "Runden" so gar nix.
Ich probierte dann verschiedene Positionen aus: im Sitzen (Stuhl, Sessel, Sofa) und im Liegen (Rücken- und Seitlage). In der Seitlage hatte ich (am dritten Tag) endlich Erfolg: Die Lunge/der Oberkörper vibrierte und es gab endlich einen Ausschlag auf der Skala.
Je mehr ich mich entspannte und nicht über die Ausatmung nachdachte, desto besser klappte es und das Geräte konnte richtig arbeiten.

Mir persönlich haben acht Durchgänge gereicht. Danach fühlte ich mich genug durchgeschüttelt.

Hygiene


Das Mundstück kann problemlos im Vaporisator oder in der Spülmaschine gereinigt werden.
Nach spätestens sechs Zyklen bildete sich bei mir Kondenswasser im Schlauch, was teilweise ins Mundstück lief. Das fand ich nicht so prickelnd. Die Anleitungen zur Reinigung des Schlauchs sind etwas irritierend. Einmal heißt es, dass der Schlauch mit Wasser und mildem Reinigungswasser gereinigt werden kann. Danach soll er zum Trocken aufgehängt werden. In einer anderen Anleitung steht dagegen, dass der Schlauch täglich in einer Desinfektionslösung kalt desinfiziert werden muss. Das halte ich für absolut nicht praktikabel.
Es gibt bei den neueren Geräten nun eine Funktion, die den Schlauch 30 Sekunden durchpusten soll - das konnte ich nicht testen, weil ich ein Modell der 1. Generation hatte. Diese neue Funktion ist wirklich sehr sinnvoll.

Fazit


Wie fast zu erwarten war, habe ich dank der gesunden Spenderlunge, keinen Schleim mobilisieren können. Ich glaube aber, dass das Gerät Mukos durchaus helfen kann, den Schleim in der Lunge zu lockern. Es braucht aber einige Zeit und Testläufe, bis die richtige Einstellung/Position gefunden wird.
Leider kann ich nicht einschätzen, wie schnell es zu einem Hustenreiz durch die Vibration kommt und ob das eventuell kontraproduktiv ist.
Dieses Gerät ist eher was für die Leute, die die Autogene Drainage beherrschen bzw. ein gutes Lungengefühl haben - denn es ist natürlich kein Ersatz für die Autogene Drainage.

Grundsätzlich ist das Gerät relativ laut - vielleicht sogar noch etwas lauter als die Inhalationskompressoren. Und es ist auch relativ groß mit 28cm x 20cm x 17cm.

Meine Empfehlung ist also: wenn Ihr die Chance habt, den Simeox einmal für ein paar Tage auszuprobieren, dann macht das. Gebt dem Ganzen auch ein bisschen Zeit und seid nicht frustriert wenn es nicht sofort die Wirkung bringt, die ihr Euch erhofft. Loslassen ist manchmal schwieriger als man/frau denkt.

Falls es Mukos gibt, die den Simoex schon getestet haben, schreibt uns doch bitte Eure Erfahrungswerte.
Einatmen - Pause - Ausatmen...
Insa

P.S. Es gibt ja noch ein zweites Gerät, dass mit Schallwellen arbeitet: der Frequencer. Wenn alles klappt, werden wir auch diese Sekretmobilisationshilfe einmal testen.



Freitag, 10. Mai 2019

Jahrestagung 2019 des Mukoviszidose e.V.

[Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung.] Am letzten Wochenende fand in Hannover die Jahrestagung des Mukoviszidose e.V. statt. Wenn unsereins so eine Veranstaltung direkt vor der Tür hat, dann kann man/frau auch mal vorbeischauen. Gesagt - getan. Hier nun unser kleiner Bericht.

Das Schöne an der Jahrestagung ist eigentlich das Treffen von vielen alten und neuen Bekannten. Aber es gibt natürlich auch ein breit gefächertes Programm aus Sport, Infoveranstaltungen, Workshops und eine Industrieausstellung, auf der vor allem Pharmafirmen und Medizingeräte-Hersteller einen Stand haben.

Indrustrieausstellung (Foto: Andrea Enking)

Wir sind alle Stände einmal abgelaufen und es gibt zwei neue Geräte, die dort vorgestellt wurden. Beide arbeiten mit dem Prinzip von Schallwellen, aber auf unterschiedliche Art und Weise. Von der Firma PhysioAssist gibt es den "Simeox", von der Firma Inspiration Medical gibt es den "Frequencer". Beim Simeox soll bei der Ausatmung mit Unterdruck und Schallwellen der Schleim aus der Lunge transportiert werden. (Ich werde demnächst dieses Gerät einmal testen dürfen und werden hier darüber berichten.)
 Der Simeox

Der Frequencer sieht aus wie früher die Abklopfgeräte, d.h. es gibt einen (wir nennen es mal) "Kopf" den man sich auf den Oberkörper hält. Schallwellen werden damit auf die Lunge übertragen und sollen damit die Sekretmobilisierung erleichtern.

Der Frequencer im kurzen Test

Am Stand von Inspiration Medical gab außerdem es noch ein sehr kleines mobiles Inhalationsgerät (läuft mit zwei Batterien oder via Powerbank). Ob das Ding im Alltag tauglich ist und welche Tröpfchengröße dabei erzeugt wird, können wir leider nicht sagen.


Workshops und Vorträge


Der Verein hatte ein sportliches Angebot mit Geocoaching, Besuch im Fitness-Studio, Koordinations- und Entspannungstraining. Unser persönlicher Höhepunkt war aber die Testfahrt mit diesem Zweirad (siehe Foto)! Es gab einen kleinen Parcour, der bewältigt werden musste - das hat viel Spaß gemacht.


Außerdem gab es Erfahrungsaustausch für Eltern von kleinen Mukos und Workshops zum Thema Stressbewältigung und noch einiges mehr.

Einen großartigen und sehr informativen Vortrag hielt Dr. med. Dr. Peter Küster vom  Clemenshospital Münster. Es ging um das Thema "Problemfeld Darm".  Der Darm spielt bei "normalen" Mukos, wie auch bei transplantierten Mukos eine wichtige Rolle und zickt gerne mal rum... Wir beide wissen das aus eigener Erfahrung nur zu gut. 
Der Vortrag wird in den nächsten Tagen auf den Webseiten des Mukoviszidose e.V.s online abrufbar sein. (Auf der Facebookseite des Vereins ist er schon jetzt zu sehen.). Wer sich für das Thema interessiert, dem/der sei dieses Video sehr ans Herz gelegt.
Nachtrag: Das Video ist auch auf Youtube zu finden: Darmprobleme mit Mukoviszidose.

Natürlich gab es u.a. noch Wahlen und den Gesellschaftsabend, der immer schön ist um sich mit Freunden zu treffen und endlich mal wieder in Ruhe zu quatschen...

Was hat Euch auf der Jahrestagung gefallen? Oder was nicht?
Schreibt uns gerne einen Kommentar.

Viele Grüße
Miriam und Insa