Samstag, 29. August 2020

heiße Sommertage

Puh - bin ich froh, dass es inzwischen wieder abgekühlt ist. Ihr auch? Glücklicherweise machen mir inzwischen Temperaturen um die 30°C nicht mehr so viel aus wie früher, aber mein Lieblingswetter ist das nicht. (Ich bin irgendwie mehr der Frühlingstyp!)

Wenn solche heißen Sommertage sind und mein Mann und ich abends noch lange auf dem Balkon sitzen (in der Hoffnung auf einen kleinen Windhauch...), dann fällt mir oft irgendwann mein erster Krankenhaussommer ein. Das war 1982 und es war damals genauso heiß in Hannover wie jetzt. Die Zimmer der Kinderklinik hatten große Terrassentüren, die Rund um die Uhr offenstanden. Nachts saß ich oft mit meiner Mutter auf dem Balkon. Es war so warm und wir konnten beide nicht schlafen... was natürlich nicht nur an den Sommertemperaturen lag, sondern auch am ganzen drumherum. Ich war damals neun Jahre alt und wir haben uns viel erzählt. Es war unter diesen Umständen (für uns beide) nicht so einfach  - wobei ich glaube, dass meine Mutter damals viel mehr gelitten hat als ich... Mütter wollen ja immer beschützen und das geht in so einer Situation nicht wirklich. Ich habe aber diesen Sommer in guter Erinnerung. Denn (und das war ja schließlich das Wichtigste) ich war nicht alleine und die Medikamente haben geholfen.

1982: Insa in Davos - nach der Rückkehr ging es quasi direkt in die MHH, das war der erste Klinikaufenthalt, viele weitere sollten folgen...

 

Muko-Familien halten zusammen

Irgendwann hat Frau Nolte vom Haus Schutzengel (HINWEIS: am Sonntag ist Muko-Spendenlauf, bei dem wir für das Haus Schutzengel Spenden sammeln - letzte Anmeldungen werden noch entgegen genommen!) mal erwähnt, dass sie den Familienzusammenhalt in Muko-Familien so toll findet. Durch ihre Arbeit im Haus Schutzengel hat Frau Nolte schon viele Muko-Familien kennengelernt. Als ich so darüber nachdachte, musste ich ihr Recht geben. Ich kenne auch viele Muko-Familien, in denen der Familienzusammenhalt (Eltern - Kind) sehr stark ist. Natürlich gibt es auch andere Muko-Familien ... aber ich glaube, wenn alle in der Familie die Krankheit akzeptieren und damit leben lernen, dann kann das die Familienmitglieder sehr zusammenschweißen. So ist das auch bei uns. Wir haben viele Höhen und Tiefen mit dieser Krankeit durchgemacht. Und ich war (bin) immer froh, dass ich dabei meine Eltern - und später auch meinen Freund/Mann an meiner Seite hatte. 

Gerade ist ja wieder so eine besondere Situation. Die Corona-Pandemie lässt uns zusammenrücken und zeigt uns was wichtig ist im Leben: Gesundheit und unsere Lieben.

Schön, dass wir sie haben!
Insa

 

Freitag, 14. August 2020

Abschied als Risikopatient während Corona

Kleiner Spoiler zu Beginn: Wenn wir hier im Blog über Abschied reden, geht es leider meistens um den Tod. Heute nicht!

Keine Umarmung, kein trösten


Mein Patenkind, 15 Jahre alt, ist vor ein paar Tagen für ein Jahr nach Irland geflogen. Seit Dezember hatten wir uns nicht mehr gesehen, auch an ihrem (vorläufigen) Schulabschluß habe ich nicht teilnehmen können. Was allerdings ironischerweise passt, denn zu ihrer Einschulung konnte ich damals auch nicht, weil ich gerade in der Reha in Belgien war. Aber wenigstens verabschieden wollte ich mich persönlich, wenn auch mit Abstand, Maske und großer Vorsicht. Das war richtig richtig blöd. Während ich in ihr Abschiedsbuch schrieb, kam sie zu mir und zeigte mir Abschiedsgeschenke und fing an zu weinen. Ich saß da und hätte sie natürlich so gern einfach in den Arm genommen. Aber wegen Corona ging das nicht, zu gefährlich. Ich bin dieses social distancing auf Grund meiner Erkrankung ja gewöhnt. Immer wieder gibt es Zeiten wo ich mehr Abstand halten muss und mit meinen Muko-Freunden sowieso. Und normalerweise schaffe ich es ganz gut mich zu arrangieren. Aber in solchen Momenten, wie mit meinem weinenden Patenkind (oder wenn ich meine engsten Muko-Freunde nicht umarmen und trösten darf) ist das einfach - Entschuldigung - zum Kotzen. In diesen Situationen möchte ich alle Vorsicht über Bord werfen und hab es so satt mich ständig kontrollieren zu müssen und immer abzuwägen was geht und was geht nicht. Solche Momente brechen mein Herz. Ich bin wütend, frustriert und vor allem unglaublich traurig.

Schuldgefühle


Jetzt mögen einige sagen "stell Dich nicht so an". Aber es geht nicht nur um mich. Wenn ich entscheide "sch... drauf" und nun zum Beispiel mein Patenkind umarme und knuddele, dann ist das zwar meine Entscheidung, aber sollte es mega blöd laufen und ich infiziere mich tatsächlich mit Corona, liege dann auf der Intensivstation oder sterbe sogar. Dann wird sich mein Patenkind furchtbare Vorwürfe machen und eine schreckliche Last ein leben lang mit sich tragen. Da kann ich noch so oft sagen "meine Entscheidung". Daher werde ich leider auch meine beste Freundin weitere Monate nicht sehen können, da sie im Einzelhandel arbeitet und - zu Recht - einfach viel zu viel Panik hat, mir was anzuhängen. 

Katzentisch


Normalerweise wollte ich dann auch weg sein, bevor die Großeltern zum Abschied kommen, aber der Grill roch echt gut und nach Monaten mal wieder Freunde sehen, war auch einfach zu schön. So habe ich mich trotz allem noch entschlossen "mit" zu Essen... in Entfernung, am extra Tisch (war das früher nicht immer der Kinder- oder "Katzentisch"?). Besser als nix, aber natürlich auch das für alle eine nicht einfache Situation. Ich saß im Grunde alleine und schnappte immer Mal einzelne Gesprächsfetzen auf und die anderen hatten ein schlechtes Gewissen weil sie mich "alleine" da sitzen lassen. Da ist es gerade lustig und schon wird es "komisch" weil da in der Ecke noch jemand sitzt. So kann man eine Party auch crashen. Dieses Foto ist für mich das persönliche Symbolbild zur Corona-Krise. 


Der Abschied


Der Abschied von meinem Patenkind war dann noch einmal ein richtig bescheuerter Moment. Luftküsschen, winken und gute Wünsche... ohne Umarmen und Knuddeln fühlt es sich einfach nicht richtig, nicht fertig an :-( . Ursprunglich hatte ich mal die Idee sie in Irland zu besuchen. Tja, das wird wohl leider auch nichts.

Na ja, das Essen war trotzdem lecker und ich bin trotz allem super glücklich das ich mal raus war und vor allem, dass ich zumindest persönlich Tschüß sagen konnte. Ich wünschte mir die ganzen Verweigerer, Ignoranten, Meckerer und Partyleute hätten in dieser Krise ein bisschen verstanden wie das ist und würden dankbarer sein am Leben und gesund zu sein - und mit angemessenem Verhalten helfen, dass auch Menschen wie ich wieder ein wenig am Alltag teilnehmen können.

Passt weiter gut auf Euch auf,
Miriam