Freitag, 28. Januar 2022

Leserbrief an das Süddeutsche Magazin

Wer hier regelmäßi mitliest, der/die weiß, dass ich gerne das Magazin der Süddeutschen Zeitung lese. Dort gibt es eine wöchtenliche Rubrik namens "Die gute Frage". Darin wird immer eine gute oder moralische - manchmal auch nicht ganz so ernst gemeinte Frage von Leserinnen und Lesern gestellt und von Frau Adorjan beantwortet. Manchmal ist die Anwort "klar wie Kloßbrühe" - manchmal ist die Antwort wirklich tricky. Meistens gefallen mir die Antworten (vor allem die Herleitungen) wirklich gut.

Neulich war eine Frage dabei, die ich aus eigener Erfahrung auch kenne. Die Antwort, die die Leserin dann bekam war allerdings (ich kann es nicht anders sagen) unter aller Sau. Ich habe mich wirklich sehr darüber aufgeregt, so dass ich einen Leserbrief geschrieben habe.

Was war das Thema? 

Es ging um eine Flasche Wein als Mitbringsel (wenn jemand zum Essen eingeladen is) und die Frage, ob man/frau, wenn er/sie keine Alkohol trinkt dies ansprechen und sich ein anders Mitbringsel von den Gästen wünschen darf.

die Antwort im Magazin

Frau Adorjan erklärte in ihrer Antwort, dass eine flasche Wein ein „international“ anerkanntes Mitbringsel ist. Und dass die Fragestellerin total egoistisch sei, wenn sie sich von ihren Gästen ein anderes Geschenk wünscht. Kurzum: sie solle sich bitte nicht so anstellen.

mein Leserbrief

Liebe Frau Adorjan,

seit vielen Jahren lesen mein Mann und ich die „gute Frage“ im Süddeutsche Zeitung Magazin. Wir lesen die Kolumne immer gemeinsam beim Abendessen und diskutieren oder überlegen dann unsere Antwort. Das ist ein schönes Ritual.

Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass Sie bei der Beantwortung der Fragen eher lustlos und nur mit halbem Herzen dabei sind. Und noch schlimmer: Ich habe mich über eine Antwort wirklich sehr geärgert.

Es geht um das Heft Nr. 39 und die Frage von Swantje L. aus Bielefeld. Es ging dabei um folgendes Problem: Frau L. darf aufgrund einer Erkrankung keinen Alkohol trinken. Sie haben oft Gäste. Die Gäste bringen immer eine Flasche Wein mit. Frau L. kann diesen Wein nicht mittrinken oder mitgenießen. Sie hätte gerne Saft oder etwas anderes als Mitbringsel.

In Ihrer Anwort haben Sie Frau L. sowas von abgekanzelt. Holla die Waldfee! Das hat mich fassungslos gemacht. Scheinbar können Sie sich nicht eine Sekunde lang in die Situation von Frau L. hineinversetzen. Ich möchte Ihnen dabei helfen, diese andere Sichtweise einzunehmen.

Auch ich darf aufgrund einer Erkrankung keinen Alkohol trinken. Seit ca. 30 Jahren sind bei uns Gäste zum Abendessen zu Besuch. (Bitte verstehen Sie, dass es hierbei nicht um irgendwelche Arbeitskollegen oder Bekannten geht, die nur einmal im Jahr vorbei kommen – es geht hier um die Freunde.) Seit 30 Jahren bekommen wir als „international“ anerkanntes Mitbringsel, als Geste, eine Flasche Wein. Seit 30 Jahren habe ich noch nie an so einer Flasche Wein partizipiert. Noch nie hat jemand in den 30 Jahren gefragt, ob er oder sie etwas anderes mitbringen soll. Wie würden Sie sich dabei fühlen?

Nennen Sie es unverhohlenen Egoismus. Ich nenne es traurig, wenn eigentlich alle wissen, dass „wir“ keinen Alkohol trinken, aber keine*r mitdenkt. Durch diese Flasche Wein sind Frau L. und ich und alle anderen Nicht-Wein-Trinker*innen aus der Runde ausgeschlossen.

Ich bringe ja auch keine Flasche Wein mit, wenn ich bei einem Alkoholiker zum Essen eingeladen werde. Aber vielleicht bin ich da die einzige? Machen Sie das?

Meine Antwort auf Frau L.s Frage wäre (vielleicht können Sie sie weiterleiten?):
Liebe Frau L.,
Sie sind im Recht und es ist schade, dass keiner Ihrer Gäste mitzudenken scheint. Ich persönlich würde so etwas auch nur ungern ansprechen – schließlich wissen wir beide, dass es eine Geste und „nur“ ein Mitbringsel ist. Aber es ist auch ein unhöfliches und ignorantes Mitbringsel. Mein Vorschlag für Sie, wenn Sie nicht selbst das Mitbringsel thematisieren möchten: Bitten Sie Ihren Mann dies zu tun. Wenn er das nächste Mal die mitgebrachte Flasche Wein zusammen mit den Gästen öffnet (und Sie in der Küche beim Kochen sind), wäre es toll wenn er sowas sagt wie „Die Flasche lassen wir uns jetzt schmecken. Vielen Dank dafür. Aber ganz ehrlich? Swantje darf ja keinen Alkohol mehr trinken. Ich glaube, sie würde sich sehr darüber freuen, wenn Ihr vielleicht beim nächsten Mal auch eine Flasche Saft mitbringt. Dann fühlt sie sich nicht so ausgeschlossen.“ Ihr Mann wird da schon die richtigen Wort finden.
P.S. Nehmen Sie sich nicht die bösartige Antwort von Frau Johanna A. zu herzen. Sie weiß es nicht besser.

Viele Grüße...

Eine Anwort habe ich nicht bekommen.
Insa
 

 


 

Freitag, 21. Januar 2022

Unterbewußtsein vs Ambulanztermin

Ja, ich hab so meine Baustellen am laufen. Ja, diese ständige Erschöpfung und Müdigkeit frustriert mich unfassbar. Aber an den meisten Tagen fühl ich mich glücklich. An den meisten Tagen habe ich keine traurigen Gedanken. An den meisten Tagen würde ich behaupten das ich psychisch total stabil bin und würde auch sagen, dass ich alles erlebte gut verarbeitet habe. Trotzdem kann ich nicht mehr übersehen, dass die vielen Jahre schwer krank sein und insbesondere die letzten zehn Jahren Spuren hinterlassen haben. Hauptsächlich in meinem Unterbewusstsein.

Foto: Miriam in einem der langen Kellergänge in der Medizinischen Hochschule Hannover.

Mein Unterbewusstsein und ich

Das erste Mal ist mir das ganz besonders aufgefallen, als ich irgendwann nach der Lungentransplantation ins MRT, "die Röhre" musste. Vor der Transplantation, mit Luftnot, da wäre das schlimm gewesen. Flach liegen, nicht spontan bei Atemnot oder Hustenanfall hinsetzen können. Aber jetzt...ist das alles gar kein Problem. Und in dem Moment, wo ich dieses OP Hemdchen ankriege und die wirklich lieben Pflegerinnen mir Elektronen aufkleben, hab ich aus dem nichts angefangen Rotz und Wasser zu heulen.
Wir waren glaub ich alle gleich erschrocken. Ich hatte keine Angst, ich habe mir keine Sorgen gemacht, so ein MRT ist nun wirklich eine der einfachsten und schmerzlosesten Untersuchungen. Mir liefen die Tränen trotzdem immer weiter. Ich habe dann gesagt, dass wir das jetzt einfach ignorieren müssen, denn ich fühlte mich ok. Ich habe versucht zu erklären, dass es irgendeine unterbewusste Reaktion sein muss, die sich auf die vergangenen erlebten Dinge bezieht. 

So geht es mir immer wieder Mal, wenn irgendetwas medizinisches ansteht. Und sei es nur, ich gehe zu einem neuen Arzt oder es steht eine Untersuchung an, die ich noch nicht kenne. Manchmal laufen mir dann einfach die Tränen ohne das ich sagen könnte, was jetzt das Problem ist und ohne das ich bewusst Angst habe oder traurig bin.

Besondere Zeiten

Auch wenn besondere Daten anstehen reagiert mein Körper. Vor allem wenn der Jahrestag meiner Transplantation ansteht oder auch die Zeitspanne um meine damalige Sepsis herum. Wo ich gerade dabei bin, heute vor sechs Jahren hatte ich gerade wieder allein atmen gelernt, bin mitten in der Nacht auf Normalstation verlegt wurden, weil das Intensivbett gebraucht wurde und ich konnte mich mit viel Anstrengung das erste Mal selbst an der Nase kratzen.
Zurück zum Thema. In diesen besagten Zeiten habe ich mehr Alpträume, bin heuliger oder hyperaktiv. Manchmal fällt mir erst dadurch ein:"Ach ja, es ist wieder diese Zeit."

Nächste Woche steht mein Kontrolltermin in der Lungentransplantationsambulanz an. Es gibt nichts "Schlimmes" zu erwarten. Wir müssen ein paar Medis abklären, meine Knochen und Nieren besprechen, aber das ist jetzt alles nichts Dramatisches, beziehungsweise Schmerzhaftes. Allerdings habe ich - so unwahrscheinlich es ist - immer schrecklich Angst das eine Bronchoskopie gemacht werden muss. Allein der Weg durch die Nase ist für mich Horror und verbunden mit schlimmen Kindheitserinnerungen. Das nicht richtig Atmen können bringt mich zurück zu Todesängsten, die ich erlitten habe, als ich, hart ausgedrückt, erstickt bin und nur mit Reanimation und Ecmo zurückgeholt werden konnte. Und das ich nach der letzten Broncho fast an einer Sepsis (Blutvergiftung) gestorben bin, macht es nicht besser. Jetzt bitte niemand in Panik geraten. Das ist eine so extrem seltene Nebenwirkung der Broncho und selbst wenn, lässt es sich bei Verdacht mit einer Antibiotikagabe schnell beheben. Aber mein zweiter Name ist leider "selten" und wenn ich was mache, dann richtig, auch so eine Sepsis...

Autopilot Unterbewusstsein

Mein Unterbewusstsein hat jedenfalls seit dem beschlossen vor jedem Ambulanztermin voll durchzudrehen. In der Woche vor dem Termin nehme ich 2-4 Kilo zu (ohne das ich frustessen mache oder so), ich brauche Unmengen an Insulin weil mein Blutzucker eskaliert, ich fühle mein Herz so extrem schlagen, dass ich nicht schlafen kann und bin total unruhig. Selbst mein ansonsten wirklich stabiler Heim-Lungenfunktionstest rutsch in den gelben Bereich. Was soll das lieber Körper? Auch dieses Mal war meine Woche vollgepackt, so dass mir eigentlich keine Zeit blieb mir Sorgen zu machen. Aber mein Unterbewusstsein erledigt das dafür scheinbar umso besser. 

Das gute ist, so plötzlich diese Dinge auftreten, so plötzlich verschwinden sie, sobald der Termin vorbei ist. 

Kennt Ihr solche "Spielchen" Eures Körpers auch?
Miriam


Samstag, 8. Januar 2022

10 Sätze woran Ihr erkennt, dass der Arzt keine Ahnung von Muko hat....

Wir haben das Gefühl es wird mal Zeit für so ein "10 Sätze woran Ihr erkennt..."-Ding. Hier kommt aus unserem Fundus der Arztbesuche ein Best of... 10 Sätze woran Ihr erkennt, dass der Arzt keine Ahnung von Mukoviszidose hat:

1. "Und seit wann haben Sie diese Krankheit?"

2. (Ich am Sauerstoff hängend.) "Haben Sie das Gefühl, dass sich die Krankheit in den letzten Jahren verschlechtert hat?"

3. "Warum nehmen Sie so viele Kreon?" oder wenn er begeistert ist, weil er wenigstens ein Medikament kennt: "Ah Kreon, 3x täglich eine?"

oder auch

4. "Sie nehmen ja viele Medikamente. Wer hat die denn alle verschrieben?"

Foto: diverse Medikamente (Tabletten, Kapseln, Insulin)
 
5. "Sind Sie in ärztlicher Betreuung?" bzw. "Haben Sie einen Hausarzt?"

6. "Und Diabetes haben Sie auch noch?"

7. Ich: "Ich mache täglich Autogene Drainage..."
Arzt: "Sie können so viel autogenes Training machen wie sie wollen, aber ob das was hilft..."

8. Frauenärztin (weiß von der Lungentransplantation) sieht beim Brustabtasten die Narben: "Hatten sie eine Brustvergrößerung?"

9. Arzt: "Azithromycin ist aber ein Antibiotikum, wie lange nehmen sie das schon?"
Ich: "Äh, so 20, 25 Jahre."
Arzt in extrem belehrendem Ton: "Tage, sie meinen 20 Tage."

10. Arzt beim Sono - schallt und schallt und schallt... scheinbar scheint er etwas zu suchen. Ein Kollege kommt rein.
Arzt 1: "Ich finde keine Zysten..."
Arzt 2: "Wieso sollen da Zysten sein?"
Arzt 1: "Hier steht Cystische Fibrose..."


Und was habt Ihr so erlebt?

Miriam und Insa 


Samstag, 1. Januar 2022

gute Wünsche für 2022

Wir wünschen Euch allen ein gutes (besseres?) und hoffentlich gesundes neues Jahr. Macht das Beste aus 2022 und lasst Euch von Corona nicht ärgern.

Insa und Miriam