Freitag, 27. November 2015

Blickfang

Wenn ich Leuten von meinem Leben mit Spenderlunge erzähle, dann sind diese immer sehr überrascht, dass man die Immunsuppressiva lebenslang nehmen muß und dass mein Körper das Spenderorgan nach vier Wochen genauso abstoßen kann wie nach zehn oder 20 Jahren. Dementsprechend passe ich natürlich auf, wenn ich zu Ärzten oder jetzt im Winter (= Schnupfenzeit) einkaufen gehe - und trage einen Mundschutz. (Ebenso natürlich in öffentlichen Verkehrsmitteln... Apotheken... Veranstaltungen mit vielen Menschen in geschlossenen Räumen...)

Da man mit Mundschutz ja doch recht auffällig ist, passieren manchmal schon interessante Sachen. (An das Anstarren habe ich mich glücklicherweise nach vier Jahren mit Sauerstoffbrille gewöhnt, so dass ich an den meisten Tagen gut damit umgehen kann.)

In einer Bäckerei wurde ich z.B. mal nach dem Bezahlen gefragt, ob ich Einmalhandschuhe benötigen würde. Ich war etwas irritiert, weil ich den Zusammenhang mit meinen Brötchen oder dem Rückgeld nicht erkennen konnte. Aber dann meinte die Verkäuferin, dass ich ja scheinbar beim Einkaufen aufpassen müsse, weil ich einen Mundschutz tragen würde. Das hat mich wirklich überrascht - es war das erste Mal, dass jemand beim Anblick meines Mundschutzes nicht an eine ansteckende Krankheit meinerseits gedacht hat.
In einer anderen Bäckerei wurde ich vor kurzem gefragt, ob ich eine Brotallergie hätte... das fand ich auch eine kreative Idee...

In der Zeit als ich noch mit Sauerstoff unterwegs war, gab es ebenfalls eine interessante Begebenheit. (Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass es mir selbst irgendwann nicht mehr so wirklich bewußt war, dass ich eine Sauerstoffbrille trug.)
Ich stehe also am Bankschalter und will Geld einzahlen:
Bankangestellte: "Was haben Sie denn gemacht?"
Ich gucke an mir herunter und kann nichts Auffälliges entdecken und bin mir auch sicher, dass ich keine großartigen Blessuren im Gesicht habe... also meint die Bankangestellte wohl mein Geld....
Ich: "Wir hatten eine Benefizveranstaltung und haben Geld gesammelt. Das möchte ich gerne einzahlen."
Bankangestellte: "Nein, nein. Ich meine den Sauerstoff!"
Ich: "Ach so. ..."

Ein Foto von 2013, noch mit Sauerstoff

Normalerweise trauen sich die Leute nicht mich anzusprechen und halten sich auch mit Kommentaren zurück. Miriam hat im letzten Winter des öftenen hinter ihrem Rücken die Vermutung gehört, dass sie entweder eine überzogene Angst vor Eboela hat oder gleich infiziert ist...
Kinder sind da offenener und direkt. Sie fragen einfach, man erklärt es kurz und alles ist gut.

Kennt Ihr ähnliche Geschichten?
Insa

Freitag, 20. November 2015

Darf ich nicht! Darf ich nicht! Darf ich nicht!

Vorweg muss ich sagen bzw. schreiben, dass Insa und ich noch zu einer Zeit aufgewachsen sind - oder noch schlimmer ausgedrückt - noch zu der Generation von Mukos gehören, die möglichst fettarm essen mussten, da die Medikamente zum Fette spalten noch nicht so weit entwickelt waren. Du meine Güte, komm ich mir grad alt vor. Das hieß keine Schokolade, Kuchen, Salami und so weiter. Und ganz schlimm... keine Probierscheibe Wurst oder gar ein Würstchen beim Schlachter. Wobei meine Mutter da hin und wieder eine Ausnahme gemacht hat. Manchmal habe ich auch ein kleines Stückchen Schillerlocke bekommen, davon hab ich heute noch Bilder im Kopf, das hab ich soooo gemocht. Gut, dass damals (oh Gott, jetzt fühle ich mich richtig alt) Pommes und Pizza noch nicht überall verfügbar waren.

 Meine Cousine Jenny und ich.

Als ich jetzt nach der Transplantation das erste Mal bei meiner Großtante zu Besuch war und mein eigenes Abendessen dabei hatte und zu fast allen Dingen die sie mir anbot sagte: "Darf ich leider nicht... Nein, dass geht auch nicht.... Tut mir leid, auch nicht.", sagte sie: "Das ist ja wie früher als Du klein warst!" Danach erzählte sie mir, dass ich ihr immer so furchtbar leid tat, wenn ich mir die Nase an Schaufenstern von Bäcker, Schlachtern und Süßigkeitenauslagen platt gedrückt und dabei gesagt habe: "Darf ich nicht, darf ich nicht, darf ich nicht, darf ich nicht....!" Das habe ich zum Glück vergessen, aber ihr bricht bei der Erinnerung immer noch das Herz.

Aber ganz ehrlich, ich gebe es zu, manchmal tue ich mir heute selber leid wenn ich vor so einem mega genialen, übervollen Buffet stehe und selbst nur ein Brötchen und zwei Scheiben gekochten Schinken kriege. Dazu aus dem Hintergrund jemand der sagt: "Egal, dafür kannst Du jetzt atmen!" ... Aber das ist eine andere Geschichte, die an anderer Stelle erzählt werden soll.

Esst einen schönen großen gemischten Salat und ein Mettbrötchen für mich,
Miriam

Freitag, 13. November 2015

Suppe essen und andere Herausforderungen

Das neue/veränderte Leben als Transplantierte bietet eine Menge Herausforderungen, die einem vorher nie in den Sinn gekommen wären...

Wer hätte gedacht, dass Wimperntuschen einmal ein Problem werden könnte? Das liegt an den Nebenwirkungen der Immunsuppressiva. Diese führen bei vielen zu einem (je nach Tagesform mal stärkerem mal schwächeren) Muskeltremor - also zu einem Zittern. Das kann ins Auge gehen - wortwörtlich.
Und auch Suppe essen ist mit der ganzen Zitterei manchmal nicht so einfach. Und ist tatsächlich noch heiße Suppe auf dem Löffel und man will einmal kurz pusten, damit die Temperatur annehmbar ist - zack! Weggepustet ... Rest der Suppe weg. Das ist dann das "Problem" wenn man auf einmal eine Lungenfunktion von 100% hat - im Gegensatz zu vor der Transplantation mit gerade mal 20% (an richtig guten Tagen).
(Meine derzeitige Lieblingssuppe: Kürbis-Süßkartoffel-Curry.)

Wie man an diesem Suppenbild auch gut erkennen kann, hat das Zittern leider großen Einfluß auf meine Fotos - fast alle sind unscharf. Ich mache immer schon "tausend" Aufnahmen mehr, in der Hoffnung, dass ein scharfes Bild dabei ist.... aber manchmal reicht auch das nicht.
Dass ich an manchen Tagen beim Nähen keinen Faden einfädeln kann, wollen wir hier mal nicht weiter vertiefen. Denn glücklicherweise gibt es dafür Hilfsmittel, die einen nicht komplett wie einen Idioten aussehen lassen.

Ich hoffe bei Euch läuft alles rund,
Insa

Freitag, 6. November 2015

Urlaub an der Ostsee 2015

Im September waren mein Mann und ich für eine Woche an der Ostsee, genauer gesagt in Grömitz.
Bislang kannten wir die Ostseeküste nur in Meck-Pomm, diesmal war also Schleswig-Holstein dran. Ganz ehrlich: Grömitz an sich ist jetzt nicht so superschön, dass man unbedingt wieder hin muß.... aber der Strand und die Promenade waren 1A!

Bei unseren Spaziergängen sah ich mindestens zwei oder drei Leute, die mit Sauerstoff unterwegs waren. Da kamen bei mir natürlich gleich die Erinnerungen aus der Zeit vor der Transplantation hoch. Ich mußte mich sehr zusammenreißen um nicht auf sie zuzustürzen und ihnen meine Lebensgeschichte zu erzählen. So schön die eigenen Geschichte ja ist, man will sich wildfremden Menschen ja auch nicht aufdrängen...
Ich fürchte allerdings, dass mein direkter Blick nach deren Sauerstoffbrille und dem Sauerstoffsystem dann unfreundlich und unhöflich gewirkt haben muß... Das ist mir allerdings auch erst hinterher aufgefallen...

Überraschend war dann ein Problem vor Ort, mit dem ich so gar nicht gerechnet hatte.
Wenn man transplantiert ist, muß man die Immunsuppressiva (das sind die Tabletten, die das Immunsystem unterdrücken, damit der Körper die Spenderlunge nicht abstößt) zu festen Zeiten nehmen - das sind bei den meisten 8:00 und 20:00 Uhr. Eine Stunde vor und eine Stunde danach darf man nichts Essen, da eine Essensaufnahme die Wirkung der Tabletten verändern würde. Dementsprechend essen wir meistens erst abends um neun.
Dummerweise hatten aber die Köche in den vielen Restaurants in Grömitz einen frühen Feierabend. Diverse Küchen schlossen schon um 20:30 Uhr oder 21:00 Uhr. Das hat die Auswahl an Restaurants für uns deutlich beschränkt und wir kamen mit unseren Bestellungen immer auf den letzten Drücker. Die Kellner in unserem Lieblingsrestaurant nahmen es freundlicherweise sportlich (nach dem zweiten Tag kannten sie uns schon und hatten sich auch gemerkt, dass ich keinen Salat oder irgendeine Tellerdekoration bekommen darf - Originalton:"... ohne Schischi!").
Auch waren wir oft die letzten Gäste im Restaurant, was ja schnell einen ungemütlichen Eindruck machen kann - aber Hautpsache es gab was Leckeres zu essen.

Ich hoffe Ihr hattet auch ein paar schöne Urlaubstage,
Insa