Freitag, 26. Juni 2020

Transition

In dieser Woche gibt es mal wieder einen Gastbeitrag. Dieser Text über Transition, also den Wechsel von der Kinderklinik in die Erwachsenenklinik, ist von Thomas Malenke. Er hat Muko und ist 54 Jahre alt (nicht transplantiert). Thomas hat diesen Text für die Mitgliederzeitschrift des Mukoviszidose e.V. geschrieben. Ich durfte dafür die Bebilderung machen.
Hinweis für alle aus der Nicht-Muko-Community: In dem Text spricht er oft von CF - dies ist eine andere Bezeichnung für Mukovizdose (= zystische Fibrose / cystic fibrosis).

Viel Spaß beim Lesen,
Insa


Aufbruch in eine neue Zeit 

Dass wir dieses Heftthema „Abschied aus der Kinderklinik“ überhaupt wählen konnten, zeigt den enormen Fortschritt der Mukoviszidose-Forschung und Therapie. Früher, als die Betroffenen nicht so alt wurden, ergab sich einfach nicht die Notwendigkeit eines Abschieds. Vor 30 Jahren galt ein CF-Betroffener mit 30 schon als „steinalt“. Erwachsenen-Ambulanzen gab es nicht. Die wenigen Patienten, die 20 Jahre oder älter wurden, wurden – wie selbstverständlich – weiter in der Kinderklinik behandelt.

Erste Erwachsenen-Ambulanz in Hannover


1991 wurde in der Medizinischen Hochschule Hannover die erste Erwachsenenambulanz durch Prof. Fabel (Abteilung Pneumologie) eröffnet – in enger Zusammenarbeit mit Prof. von der Hardt (Kinderklinik). Nun hieß es erstmals Abschiednehmen für erwachsene Patienten – aber auch für Eltern, für Kinderärzte, Krankenschwestern und Physiotherapeuten. Meist geschah dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Auf die Erwachsenenärzte kam eine völlig neue Patientengruppe zu. Die internistisch ausgebildeten Pneumologen wurden erstmals konfrontiert mit jungen Patienten, oft gut informiert über CF und ihren eigenen Gesundheitszustand, häufig sehr therapietreu und anspruchsvoll, manchmal eckig und kantig. Sie hatten nicht nur Lungenprobleme, sondern auch oft Magen-Darm- und Lebererkrankungen. Die Behandlung war anders als beim klassischen, oft wesentlich älteren Lungen-Patienten. Die Bereitschaft, sich auf ein neues medizinisches Terrain einzulassen, war ganz unterschiedlich.

Christiane Herzog – ein Glücksfall für CF-Patienten

Eine glückliche Fügung gab dieser neuen Entwicklung einen enormen Schub: Roman Herzog wurde zum Bundespräsidenten gewählt. Und Christiane Herzog verschaffte ihren „Mukos“ ab 1994 in der neuen Rolle als Gattin des Bundespräsidenten wesentlich mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Das Schicksal der Mukos wurde präsenter als jemals zuvor. Der Aufbau der Erwachsenenversorgung in Ambulanzen und Rehaeinrichtungen war Frau Herzog ein zentrales Anliegen. Dies verlieh den seit Jahren vorhandenen Bemühungen der Kliniken und unseres Vereins einen ganz neuen Schwung.

Umstellung


Wie solch eine Umstellung auf ein neues Behandler-Team konkret verläuft, ob sie gelingt, ob man sich danach in der Erwachsenen-Ambulanz wohlfühlt oder zumindest zufrieden ist, hängt von einer Reihe von Faktoren ab: Neue organisatorische Abläufe und Strukturen, aber auch ganz persönliche Einstellungen und andere Einflüsse spielen eine Rolle.

Strukturell wird die Umstellung nicht zuletzt von den vorhandenen Gegebenheiten beeinflusst. Im Idealfall bilden die Kinder-Ambulanz und die Erwachsenen-Ambulanz, zumindest für die Übergangsphase, eine interdisziplinäre Einheit. Beide Ambulanzen greifen dann auf gemeinsames psychosoziales, sozialrechtliches, ernährungsmedizinisches, oft auch physio- und sporttherapeutisches Personal (CF-Team) zurück. Leider fehlt es dafür manchmal in der Erwachsenenmedizin an den finanziellen Voraussetzungen.

Kurze Wege erleichtern gemeinsame Ambulanztermine, schon allein organisatorisch. Auch emotional ist es für uns Patienten leichter, wenn die Umgebung und wenigstens ein Teil des behandelnden Teams vertraut ist. Aber nicht überall ist ein solches Modell umsetzbar. Dann müssen wir als Patienten dankbar sein, wenn sich Erwachsenenmediziner für unsere „Nischenkrankheit“ interessieren und engagieren. In Deutschland (83 Millionen Einwohner) leiden etwa zehn Prozent der Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen an Asthma, aber nur 0,01 Prozent, d.h. ungefäht 8000 Menschen, haben Mukoviszidose.

Kooperationen gefragt

Die Erfahrung zeigt, dass eine gemeinsame Zielsetzung der Kinderärzte und Erwachsenenmediziner und die stimmige „Chemie“ zwischen beiden für den Erfolg der Transition ausschlaggebend sind, vor allem, wenn die Ambulanzen relativ weit voneinander entfernt liegen. Überspitzt formuliert: Ein guter Übergang wird kaum gelingen, wenn man als Patient mit dem 18. Lebensjahr nur eine Visitenkarte der neuen Ambulanz, 50 km entfernt, in die Hand bekommt.

Erleichtert würde ein Wechsel auch, wenn es keine scharfe Altersgrenze gibt, sondern eine weiche, etwa beginnend mit 16 Jahren, sodass ab 18 der Übergang definitiv eingeleitet werden kann. Die beste Lösung wäre es, wenn der junge CF-ler selbst entscheiden dürfte, ob er schon mit 17 oder erst etwas später wechselt.
 Bild: Sketchnote erklärt Transition - wie kann sie funktionieren und was hilft beim Wechsel

Eigenverantwortung gefragt

Eine entscheidende Veränderung dürft darin bestehen, dass man in der Erwachsenenklinik mehr auf sich allein gestellt ist. Man muss selbst Verantwortung übernehmen. Je nach vorrangig betroffenen Organen, sind verschiedene Ärzte für einen zuständig. Damit der Informationsfluss zwischen den Medizinern gelingt, ist es wichtig, daran selbst mitzuwirken und stets alle wichtigen Befunde dabei zu haben, damit sich ein Arzt schnell ein Bild machen kann. Der CF-ler wird dadurch – trotz der beginnenden Digitalisierung, die noch nicht ausgereift ist – zum „Postboten“ in eigener Sache. Manch einer ist anfangs überfordert, wenn die Eltern nun nicht mehr beim Ambulanztermin dabei sind. Aber er muss sich darauf einstellen. Es geht um sein Leben. Gewöhnungsbedürftig ist es auch, wenn die Erwachsenen-Ambulanz personell knapper ausgestattet ist, vielleicht nur punktuell ein CF-Team vorhanden ist. Diese Versorgungsengpässe zu beseitigen und so die gesamte Situation zu verbessern ist daher eine der zentralen Aufgaben des Vereins.

Der Abschied aus der Kinderklinik ist für alle Seiten oft schwer. 18 gemeinsame Jahre, mit den Aufs und Abs, manchmal längeren stationären Aufenthalten, schweißen den CF-ler mit dem ganzen CF-Team zusammen. Und doch geht kein Weg an der Trennung vorbei. Die mittlere Lebenserwartung eines neu geborenen Kindes mit Mukoviszidose liegt ja heute bei 53. Dementsprechend wird es künftig auch viel mehr 70- oder 80-Jährige geben.

Der Abschied ist für CF-ler auch schwer, weil der Zeitpunkt mit vielen anderen Lebensumbrüchen einhergeht.

Vieles auf einmal

Die Pubertät ist gerade überstanden. Man erlebt vielleicht gerade die erste große Liebe. Die Loslösung von den Eltern kommt in Gang.

Fragen rund um Ausbildung und Beruf sind zu klären. Was möchte man eigentlich machen? Hotel Mama ade. In diese Umbruchphase fällt nun auch noch der Ambulanzwechsel.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den man rechtzeitig in Betracht ziehen sollte: Je früher die Eltern die Selbständigkeit ihres CF-Kindes gefördert haben, desto leichter fällt der Wechsel in die Erwachsenen-Ambulanz. Dieses Loslassen gelingt nicht von heute auf morgen. Es muss seitens der Eltern gezielt angestrebt und gebahnt werden. Wer schon frühzeitig seine Medikamente selbst einnimmt und weiß, wozu sie gut sind, der hat früh gelernt, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen. Und auf dieser Eigenverantwortung basiert das System der Erwachsenenmedizin.
Der Arzt ist mehr Berater und Unterstützer als früher, mehr gleichberechtigter Partner – weil man selbst eben erwachsen ist und inzwischen eigene Erfahrungen gesammelt hat, die einen leichter erkennen lassen, worauf es ankommt.

Wenn diese Strukturen akzeptiert und die persönlichen Ansprüche an die neuen Erfordernisse angepasst sind, wächst auch das Vertrauensverhältnis zum neuen Arzt.
Wir CF-ler profitieren dann davon, dass die Erwachsenenärzte darauf eingestellt sind, unsere Erwachsenenprobleme der CF zu behandeln: Diabetes, Osteoporose, zunehmende Veränderungen in Lunge, Darm, Leber etc.

Eine neue Etappe beginnt. Eine neue Etappe, die gelingen kann, wenn alle Beteiligten gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten: Patienten, Behandler und Eltern.

Hermann Hesse hat dies schön formuliert: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilf zu leben.“

Thomas Malenke

Freitag, 19. Juni 2020

das Internet ist die Zukunft

In der letzten Woche hatte Miriam und ich unabhängig voneinander den gleichen Aha-Moment. Wir waren beide Teilnehmerinnen einer Videokonferenz und dachten dabei: "Warum zur Hölle haben wir das nicht schon immer so gemacht?"

Bei Miriam lief zum ersten Mal die Redaktionskonferenz der Muko.info (der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift des Mukoviszidose e.V.) als Video-Meeting - ich war mit 100 Sketchnoteverrückten beim Online Sketchnote Barcamp. Zugegebenermaßen war ich bei meinem Event vorher etwas skeptisch, ob das mit 100 Leuten überhaupt funktioniert. Aber ja, das tut es. Und dies sogar erstaunlich geschmeidig. :-) Einige Punkte helfen natürlich bei solchen virtuellen Veranstaltungen: eine gute Orga und Vor-Kommunikation, gute Moderatoren und mindestens eine Person die ich hier mal als Technik-Nerd bezeichnen möchte. :-) Und es hilft natürlich, wenn nicht alle durcheinander quatschen und bei den Vorträgen die Mikros der Zuhörer auf stumm geschaltet sind. Aber - und das ist mein persönliches Fazit: es funktioniert und läuft und wir können solche Formate gerne mehr machen, auch wenn Corona irgendwann vorbei ist.

Die Redaktionskoferenzen kenne ich auch. Sie finden immer in Bonn statt - das ist allein schon eine ziemlich große Hürde bzw. Entfernung. Für 2-3 Stunden Besprechnung mindestens 8 Stunden Autofahrt (hin und zurück) - das empfinde ich als Mißverhältnis. Einmal im Jahr wird die Konferenz meist als Telefonkonferenz abgehalten, was aber auch seeeehr anstrengend ist, weil der Ton meist mittelprächtig und das Ganze nicht so überschaubar ist. Da ist eine Videobesprechung wirklich viel charmanter und auch persönlicher und (dies ist gerade für uns Mukos ein wesentlicher Faktor) jede/jeder kann sich von zu Hause aus einwählen und muss nicht ihren/seinen Tag um die Autofahrt und das Treffen vor Ort planen.

So blöd es auch klingt, aber Dank Corona wurden Videokonferenzen neu entdeckt - das finde ich supergut. Ich hoffe so, dass dies weiterhin beibehalten wird. Natürlich weiss ich, dass das Beste bei Meetings vor Ort immer die Pausen und der persönliche Austauch am Kaffeeautomaten ist. :-) Das kann so ein virutelles Treffen natürlich nicht ersetzen... Da wir Mukos (und auch wir Transplantierten) aber immer die Gefahr von Ansteckungen haben und schon immer die nun bekannten Hygiene-Regeln anwenden, ist es wirklich eine viel besser Art der direkten Kommunikation. Ein weiterer Faktor sind Mukos mit Problemkeimen, die nie zu Treffen vor Ort kommen dürfen und nun endlich wieder Zugang zu einem Austausch haben.
Und für ein persönliches Gespräch muss es dann eben mal das Telefonat in der Kaffeepause sein. :-)

Auf zur nächsten Online-Veranstaltung,
Insa

Freitag, 12. Juni 2020

Sind doch bloß Haare

Wenn einer gesunden, jungen, gut aussehenden Frau die Haare ausgehen, und sei es nur ganz kurzfristig wegen einer verpfuschten Färbung, dann geht ein Aufschrei durch die Nation, bis hin zu Berichten in Boulevardmagazinen wo jene Frau unter Tränen von dieser hoch traumatisierenden Geschichte erzählt. Oder denken wir allein an die Zeit, als die Friseurläden geschlossen hatten und Promi-Damen-Haargeschichten ganz oben auf der Interessenliste von Social Media standen. Wenn Du aber krank bist und Deine Haare verlierst, dann darfst Du Dich nicht beschweren, denn schließlich sind es NUR Haare...

Dafür kannst du atmen!


Mein Lieblingsspruch, der immer kommt, egal bei welchen Einschränkungen: "Dafür kannst Du atmen". Natürlich kommt auch gerne ein belehrender "sei nicht undankbar"-Satz und der Hinweis, dass es wohl wichtigeres gibt als Haare. Ganz ehrlich, wenn das jemand weiß, dann gehöre ich ganz sicher dazu und natürlich zählt atmen können wesentlich mehr als Haare zu haben. Aber beides zusammen ist auch ganz schön. Und der gesunden Frau würde doch niemals jemand sagen: "Ach komm, du hast einen tollen Job, den Traummann an Deiner Seite, ihr habt zwei bezaubernde Kinder und vor allem.. Du bist gesund. Also sch... auf die Haare."

Hat mich mehr getroffen als gedacht


Mein Transplantationsweg ist ja von Anfang an gepflastert mit kleineren und größeren Problemen, was nicht nur an der Transplantation liegt, sondern auch an den schweren Jahren davor. Da sind zum Beispiel die ständigen Schmerzen, die Probleme mit Muskeln, Nerven und Knochen die mich stark einschränken und auch die Nieren sind immer wieder ein Grund zur Sorge. Aber als dann auch noch der massive Haarausfall begann, war das trotzdem furchtbar. Ich konnte mir einfach locker in die Haare fassen und hatte sie auch schon in der Hand. Haare bürsten wurde ein furchtbarer Moment im Tagesablauf und in der schlimmsten Phase war Haare waschen der Horror. Um all diese Gefühlslagen zu beschreiben, müsste dieser Post wahrscheinlich fünf mal so lang sein, so hört sich das alles ziemlich oberflächlich an. Dazu kann ich sagen, dass ich nie besonders eitel war, mein Aussehen hat mir nun noch nie einträgliche Modelverträge eingebracht und ich war auch nicht experimentierfreudig mit meinen Haaren. Und ich hätte mir vorher wahrscheinlich auch nicht vorstellen können, dass mich Haarverlust so tief treffen würde. Aber fürs eigene Wohlbefinden war es einfach schlimm. Das ist jetzt etwas peinlich, aber in der schlimmsten Zeit, wo die Haare, wenn sie nass waren, nicht mehr zu fühlen/spüren waren, musste meine Mutter mir eine Zeit lang den Kopf waschen, weil ich es nicht ertragen konnte, ihn anzufassen. Es hat nach aussen sehr lange gedauert, bis es sichtbar wurde, da ich immer schon viele und sehr dicke Haare habe (hatte). Aber irgendwann waren die Lücken kaum noch zu kaschieren und ich machte mir die ersten Gedanken über eine Perücke. Enttäuscht war ich, wie alleine "frau" damit gelassen wird. Dabei bin ich doch nicht die einzige Transplantierte der das so geht. Trotzdem wird darüber wenig gesprochen.

Wenn alle Dämme brechen


In dem Zusammenhang möchte ich noch einen sehr persönlichen Moment mit Euch teilen. In dieser fast-Glatzen-Zeit kam ich einen Abend aus der Dusche, sah mich im Spiegel und bin so dermaßen in Tränen ausgebrochen, dass ich es nicht mit Worten beschreiben kann. Das waren nicht nur die fehlenden Haare, auch dieser geschundene Körper, in dem Moment war das alles zu viel. Und ganz ehrlich, da ging es natürlich nicht um das optische. All diese Zeichen an meinem Körper standen (und stehen) für all das was ich in den Wochen und Monaten (Jahren...) durchgemacht hatte. Ich kann ja nur für mich schreiben, aber viele werden das kennen. In der Zeit, in der es mir extrem schlecht ging, hatte ich weder Zeit, Energie und schon gar keine Luft um mich zu bemitleiden oder zu heulen. Direkt nach der Transplantation war es auch nur ein fokussiert sein auf den Moment, an mir Arbeiten, um wieder fit zu werden, mich an die neue Situation, den neuen Tagesablauf zu gewöhnen. Aktuelle Probleme bewerten und in den Griff bekommen, und so weiter. Dazwischen dann all die euphorischen Momente des atmen könnens, spazieren gehen, kleine Alltagsdinge neu zu entdecken. Bei all dem war keine Zeit zum traurig sein und weinen. Aber an diesem Abend sind dann einfach alle Dämme gebrochen, da musste all dieser Druck, all die traurigen und schlimmen Dinge einfach raus  - und das war wahrscheinlich das Beste was mir passieren konnte. 

Nachdem sich das alles jetzt mal wieder so traurig anhört, sei dazu gesagt, dass ich natürlich nicht 24/7 traurig war wegen der Haare. Genauso gab es die Phasen, wo ich mich damit abgefunden hatte und es war nun mal wie es war. Außerdem fand ich es auch spannend, dann vielleicht mal andere Frisuren und Farben zu probieren (eben als Perücke). Ich hatte auch immer mal wieder überlegt, ob es nicht besser wäre sie jetzt abzurasieren, als wochenlang zu leiden, wenn ich mir die Haare kämme. Aber dazu konnte ich mich dann doch nicht überwinden.

Warum ich wieder Haare habe


Zu einer richtigen Perücke ist es im letzten Moment tatsächlich nicht gekommen. Etwa 18 Monate lang bekam ich nur die Hälfte der eigentlichen Dosis eines der Transplantationsmedikamentes (selbstverständlich nicht wegen der Haare) und nach einiger Zeit wuchsen mir wirklich neue Haare. Diese Hoffnung hatte ich schon fast aufgegeben und es war einfach soooo schön zu sehen. Es gab Momente, da hätte ich mir einfach stundenlang in die Haare fassen können, weil da endlich wieder was zum Anfassen war. Als wir dann allerdings zur Normaldosis zurück sind, fingen sie genauso schnell wieder an auszugehen. Bei einem Ambulanztermin hatte ich eine sehr nette Ärztin, die zwar auch erst meinte: "Na wenn ihnen Haare soooo wichtig sind..", aber dann schon verstanden hat, dass mir meine Lunge selbstverständlich über alles geht. Nie würde ich die Lunge für Haare aufs Spiel setzten, auf gar keinen Fall. Aber da meine Nieren die volle Dosis auch nicht so prall fanden, haben wir nun eine Dosierung gefunden mit der sowohl Lunge, als auch Nieren leben können - und als Bonus oben drauf auch meine Haare :-). Neulich musste ich sie zum ersten Mal seit fast sieben (SIEBEN!) Jahren schneiden lassen, weil sie zu lang wurden... Wahnsinn!

Warum gerade jetzt dieses Thema?


Dem ein oder anderen mag das Thema vielleicht bekannt vorkommen, weil ich schon einmal etwas darüber geschrieben habe (Super-Grobi beim Friseur). Das hier ist also fast so etwas wie eine Fortsetzung. Inspiriert dazu hat mich eine andere transplantierte Muko-Patientin. Wer Instagram hat, schaut bitte unbedingt mal bei  Pinguinkuh vorbei. Ich kenne sie gar nicht persönlich, aber sie war die erste der ich auf Instagram gefolgt bin, weil mich so vieles an mich erinnert hat. Jetzt lese ich einfach unglaublich gern was und wie sie schreibt und es ist Wahnsinn wie sie kämpft. Nach einem Traum-Transplanationsverlauf (wenn es das überhaupt gibt), kämpft sie nun leider auch noch gegen Krebs. Und um zurück auf's Thema zu kommen: Nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo sie sich von ihren Haaren verabschiedet. Sie hat sich noch einen Wunsch erfüllt und ihre Haare gefärbt, was sie sich vorher nie getraut hat. Eine schöne Art Abschied zu nehmen. Falls Du das lesen solltest Sarah, wir denken an Dich und drücken Dir ganz fest die Daumen das Du dem Krebs in den Hintern trittst, denn #pinguinefressenkrebstiere :-)

Passt auf Euch auf
Miriam

Freitag, 5. Juni 2020

Tag der Organspende 2020

Jedes Jahr am ersten Samstag im Juni ist der Tag der Organspende. D.h. am kommenden Samstag ist es wieder soweit - doch, wie so vieles andere auch, wird dieser Tag nicht wie in den letzten Jahren stattfinden können. Normalerweise ist der Aktionstag in einer Stadt zu Besuch und dort gibt es ein Rahmenprogramm mit Bühne und Live-Musik und Diskussionsrunden, dazu viele Infostände von verschiedenen Selsbthilfegruppen und Vereinen, außerdem ist ein ökumenischer Gottesdienst Teil der Veranstaltung.

In diesem Jahr findet der Tag der Organspende virtuell statt und alles läuft ein wenig anders.
Eine schöne Aktion bei diesem Tag sind immer die "geschenkten Lebensjahre". Alle Transplantierten vor Ort kommen auf die Bühne und halten "ihre" Zahl hoch - die Zahl der Lebensjahre, die sie Dank der Transplantation geschenkt bekommen haben. Ich glaube, diese Verbildlichung macht es auch für Außenstehende greifbarer und zeigt, was Organspende wirklich bedeuten kann.
Natürlich gibt es auch in diesem Jahr diese Aktion - nur dass alle Transplantierten dazu aufgerufen sind ein Foto mit ihrer Zahl online einzureichen. Da sind wir natürlich mit dabei. Und wir haben gleich noch zwei lungentransplantierte Muko-Freundinnen gefragt, ob sie mitmachen. :-)
  Insa, Sarah, Petra und Miriam mit ihren "geschenkten Lebensjahren"


Unser erstes Mal... beim Tag der Organspende


Miriam und ich waren zum ersten Mal 2015 auf dem Tag der Organspende, da dieser damals glücklicherweise in Hannover stattfand. Wir waren sehr stolz, dass wir als Transplantierte mit dabei sein konnten und noch stolzer war ich über meine EINS (wie man sieht...).
 Insa mit 1 ("stolz wie Bolle") beim Tag der Organspende 2015

Nach wie vor ist das Thema Organspende wichtig, denn noch immer gibt es zu wenig Organspender und viele Patienten sterben während sie auf der Warteliste sind. Wir selbst haben schon einige Muko-Freunde beerdigen müssen, weil kein passendes Spenderorgan zur richtigen Zeit da war. Das ist immer hart - vor allem wenn man weiß wie z.B. eine Lungentransplantation das Leben verbessern und verlängern kann. Ich bin sehr dankbar über meine geschenkten Jahre. Was diese für mich alles bedeuten kann ich nur schwer in Worte fassen. So vieles ist durch diese Organspende möglich geworden wovon ich vorher zu zu träumen gewagt hätte.

Holt Euch einen Organspendeausweis


Wir haben bei Mukomania schon öfters über Organspende geschrieben. Miriam und ich sind auch schon bei Veranstaltungen gewesen, um dort über Organspende aufzuklären. Unser Apell ist immer der Gleiche: Ob Ihr nun für oder gegen eine Organspende seid - holt Euch einen Organspendeausweis. Es ist wichtig Eure Meinung dazu zu dokumentieren, damit Eure Angehörigen im Fall der Fälle wissen was zu tun ist und nicht gegen Euren Willen entscheiden.

Auf der Webseite www.organspende-info.de kann man einen Organspendeausweis online ausfüllen oder Ihr bestellt Euch einen Blanko-Ausweis und beschriftet ihn selbst.

Auf die nächsten Jahre,
Insa