Sonntag, 24. Juli 2022

Abschied von zwei alten Bekannten

In dieser Woche waren Miriam und ich in der MHH, um uns von unserem "alten" Muko-Arzt und einer langjährigen Muko-Ärtzin zu verabschieden.

vlnr: Insa Krey, Dr. Sibylle Junge, Prof. Burkhard Tümmler, Miriam Stutzmann

Frau Dr. Junge war viele Jahre in der Kinderklinik - allerdings erst nach unserer "aktiven" Zeit. Miriam und ich kennen sie allerdings von einer Sportgruppe, die Mitte der 90er Jahre in Hannover für Mukos eingerichtet wurde. Frau Dr. Junge arbeitete damals noch in der Sportmedizin und wir waren die ersten Mukos mit denen sie in Kontakt kam. Scheinbar haben wir einen guten Eindruck gemacht :-) so dass sie etwas später in die Ambulanz der MHH gewechselt ist. 

Von anderen hören wir nur Gutes über Frau Dr. Junge. Sie war sehr engagiert und hatte auch zwischendurch mal Zeit für ein paar persönliche Worte. Und natürlich legte sie immer Wert auf eine gute Sporttherapie. Dabei hat sie aber nicht zu viel Druck ausgeübt, sondern gemeinsam mit den Patient*innen geguckt, was möglich ist. 

Ich persönlich habe mich immer gefreut, sie und ihren Mann beim Muko-Spendenlauf zu sehen, den sie mit vielen Laufrunden tatkräftig unterstützt hat (und hoffentlich noch ein paar Jahre unterstützen wird!).

Prof. Tümmler war in der Patient*innenbetreuung und auch in der internationalen Muko-Forschung. Er hat in Deutschland die Forschung in vielen Bereichen voran gebracht und viele Standards gesetzt.
Er war viele Jahre lang Miriams betreuender Arzt und Ansprechpartner Nr. 1.
Sie war damals von einer anderen Klinik aufgegeben worden ("Nehmen Sie das Kind zum Sterben mit nach Hause.") und hatte dann das große Glück von ihm behandelt zu werden. Auch wenn er oft streng war, so hat er es doch immer geschafft, wichtige Aspekte bzw. Hintergrundwissen zu vermitteln. Gerade bei chronisch Kranken ist es wichtig zu wissen: "Warum mache ich was?". So hat er z.B. Laborbesuche ermöglicht, um Zusammenhänge besser zu erklären.
Miriams Gesundheitszustand war immer sehr schlecht (langjährige PEG und Sauerstoffzufuhr). Durch Prof. Tümmler hat sie sehr von den neuen Erkenntnissen profitiert können und ist ihm immer noch sehr dankbar für sein großes Engagement (auch nach Dienstschluss).

Miriam war wie gesagt "Tümmler-Kind", ich gehörte zu Prof. von der Hardt. Beide haben uns sehr geprägt und wir haben beiden viel zu verdanken. Sie haben damals hohe Standards in der Patient*innenversorgung gelegt, waren immer erreichbar und ansprechbar. Sie kannten uns (und unsere Eltern) gut. Und sie wussten immer was zu tun ist oder zauberten einen neue Therapiemöglichkeit aus dem Hut. Als Muko-Patientin kann man sich nicht mehr wünschen.

Die Ärzte der Kinderklinik haben uns außerdem zu selbständigen und mündigen Patientinnen erzogen - was später nicht immer und überall so gut ankam...

Miriams Torte: hellblaues Fondant als Untergrund mit rosa Lunge in der Mitte und vielen verschiedenen Tabletten und Kapseln (auch Fondant) darum. 
Aussen ist noch ein Fondant-DNA-Strang angebracht.

Zum Abschied gab es natürlich einen ganz besonderen Kuchen von Miriam. Diesen haben wir uns gemeinsam schmecken lassen und dabei Geschichten von früher erzählt... Das war schön.

Insa


Freitag, 15. Juli 2022

40 Jahre Krankenhausleben

So ziemlich genau vor 40 Jahren musste ich das erste Mal stationär in die Kinderklinik der MHH aufgenommen werden. Das war damals ein ziemlicher Schock. Glücklicherweise konnte meine Mutter damals mit aufgenommen werden und war in diesen Wochen immer an meiner Seite. 

 Fotobeschreibung: Insa lehnt an der Wand und neben ihr hängt eine blaue 40 aus Plastik

Ich habe an diese ersten Krankenhausaufenthalte sehr wenig Erinnerung - außer, dass es 1982 ein sehr heißer Sommer mit sehr warmen Sommernächten war. Zu diesen Sommernächste auf dem Krankenhausbalkon gibt es auch schon einem Beitrag hier: "Und es war Sommer"

Das Jahr 1982 habe ich, mit immer mal ein paar Heimat-Pausen zwischendurch, im Krankenhaus verbracht. Danach wurde mein Zustand besser und ich pendelte mich irgendwann in einen 2-Besuche-pro-Jahr-Rhythmus ein. So seltsam das vielleicht klingen mag... an diese Kinderklinik-Zeit habe ich schöne Erinnerungen. (Natürlich passierten zwischendurch auch mal nicht ganz so schöne Dinge...)
Positiv war damals auf jeden Fall das Gefühl oder Gesamtpaket: Ich wusste, die Leute dort kennen sich aus, machen das Richtige und bringen mich wieder in die Spur. Ich hatte damals sowas wie ein Urvertrauen, dass alles wieder gut wird, wenn es mir mal schlecht geht. Dieses Urvertrauen habe ich leider inzwischen verloren. Aber das ist eine andere Geschichte...

mein 40-Jahre-Fazit

Was kann ich zu diesen 40 Jahren noch sagen? Viele meiner Krankenhausfreundinnen und -freunde sind in diesen Jahren verstorben. Das ist hart.
Aber es ist auch schön, dass einige Freundschaften die vielen Jahren überdauert haben - wie z.B. die Freundschaft zwischen Miriam und mir. Diese begann tatsächlich in der Kinderklinik der MHH irgendwann in den 80ern.

Und natürlich muss ich hier die fulminaten Entwicklung in der Therapie nennen. Ich glaube, bei kaum einer anderen Erkrankung gab/gibt es solche großen Fortschritte, wie bei Mukoviszidose. Dies zeigt sich auch in der Überlebensstatistik: Die meisten der heute mit Muko geborenen Kinder werden über 50 Jahre alt. Das war vor 40 Jahren kaum denkbar.

Ein sehr großer Unterschied von damals zu heute ist natürlich auch die Situation auf den Stationen. Früher gab es noch keine Personalnot und keine große Fluktuation, so dass die Schwestern für die Patient*innen viel Zeit hatten und sich wirklich kümmern konnten. Wir haben uns viel unterhalten und auch oft Quatsch zusammen gemacht. Auch hier entstanden Freundschaften, die teilweise noch heute (wenn auch nur eher sporadisch) bestand haben.

Die Entwicklung in den Krankenhäusern generell macht mir Angst. Durch die Corona-Krise hat sich alles nochmal mehr verschärft. Ich denke es ist wichtig zu begreifen, dass ein Krankenhaus nicht dafür da ist Gewinne abzuwerfen. Ein Krankenhaus soll Menschen helfen und möglichst gesund machen.

Hoffen wir das Beste
Insa 


Montag, 11. Juli 2022

Vom 24 Stunden Kirschen einmachen und anderen nicht so schlauen Ideen...

Es gibt ja so Momente oder Situationen, da ist von vorne herein - oder spätestens nach kurzer Zeit - klar, dass das jetzt nicht eine der besten Ideen ist. Das kennen sicher alle irgendwie. Meine absurde Idee der Woche war: Kirschen retten.
Mir ging es die Tage von der Luft her nicht so gut, dazu kam die Hitze und wir hatten ja auch noch das Muko-Spendenschwimmen mit der CF-Selbsthilfe Braunschweig. Trotzdem tat es mir in der Seele weh unseren übervollen Kirschbaum zu sehen und zu wissen, dass dutzende Kilo Kirschen verderben. Wir haben schon viel gegessen, Nachbarn und Freunde haben gepflückt und trotzdem hängt der Baum voll. So viel wie in diesem Jahr hat der Baum noch nie getragen. In der letzten Woche habe ich schon ein paar Gläser Kirschen eingemacht - das erste Mal, ich bin gespannt. Aber das war nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auf meine Bitte hin hat mein Vater mir am Montag noch einmal rund 22 Kilo Kirschen gepflückt. Eine Freundin hatte mir einen Dampfentsafter geliehen und ich war extrem motiviert Kirschsaft zu machen. (Das ist auch eine wundervolle Kindheitserinnerung. Meine Oma hat Kirschsaft gemacht und es war immer was besonders Schönes, wenn wir Enkelkinder eine Flasche aus dem Keller holen durften. Nie habe ich etwas Leckereres getrunken.)

Ich habe hier schon ein paar Mal gejammert... mein Energielevel ist leider sehr begrenzt. Aber mein Kopf plant solche Aktionen weiterhin mit einem ungebremsten "wird schon". Im Grunde bin ich darüber natürlich froh, denn das hält mich am laufen. Nur manchmal übertreibe ich dann vielleicht ein klitzekleines Bisschen *räusper*. 

weißer Tisch, darauf eine weiße Wanne, gefüllt mit Wasser und Kirschen
Foto: Zwei Hände waschen Kirschen in einer weißen Wanne auf einem weißen Tisch.

Nach dem Kirschen sortieren und waschen, brauchte ich erst einmal eine Pause. Macht nix, ich bin ja eh ein Nachtmensch. Großer Irrtum Nummer 1: Der Dampfentsafter braucht tatsächlich ca. 60 Minuten, allerdings PRO Kilo - das hatte ich übersehen. Flaschen reinigen, Flaschen auskochen... um halb drei nachts war der erste Kirschsaft abgefüllt. Die nächste Ladung hatte ich im Ofen schon etwas vorbereitet und so war die zweite Runde morgens um kurz vor 6 durch. 

Da fiel mir Fehler Nummer 2 ein: Ab Juli habe ich Dienstag einen zusätzlichen Physio-Termin. Irgendwie habe ich es geschafft noch 3 1/2 Stunden zu schlafen, habe den Entsafter neu bestückt und bin zur Physio. Den Rest des Tages habe ich noch zwei Runden entsaften geschafft. Allerdings schon mit heftigen Schmerzen in den Füßen und mal total müde, mal komplett drüber. Nach gut 24 Stunden entsaften war es geschafft. Und dann lag ich mit Herzrasen und Frierattacken im Bett und dachte mir mal wieder "Warum mach ich so was?". Gleichzeitig ist es aber auch ein bisschen ein gutes Gefühl etwas geschafft zu haben, auch wenn ich jetzt ein paar Tage brauche um mich zu erholen.

Grenzen?!

Meine Güte, ein wirklich langer Kirsch-Bericht. Aber er soll symbolisch stehen für Aktionen die uns an unsere Grenzen und darüber hinaus bringen und die nicht immer sinnvoll erscheinen. Hätte ich meine wenige Energie nicht für viel wichtigere Dinge verwenden können? Sind es ein paar Kirschen wert tagelang erschöpft und mit (mehr) Schmerzen im Bett zu liegen? Ja, es war es MIR wert. Es hat sich trotz allem gut angefühlt, es war mir ein Herzensbedürfnis, ich habe mich nicht von meinem Körper ausbremsen lassen. es hat schöne Kindheitserinnerungen hervorgerufen und wenn ich demnächst eine Flasche Kirschsaft aufmache werde ich stolz auf mich sein, das geschafft zu haben. 

So geht es mir auch wenn ich einen meiner Motivkuchen backe (demnächst steht ein ganz besonderer an), eine anstrengende Reise/Ausflug mache oder immer noch zurück zum Ballett will. Es ist nicht immer vernünftig und sicher von Außenstehenden nicht immer nachvollziehbar warum das jetzt sein muss. Und oft verwünsche ich mich währenddessen selber im Minutentakt. Aber hinterher ist es ein schönes Gefühl und es ist Leben.

Auf das Leben und bizzare Ideen,
Miriam


Samstag, 2. Juli 2022

Flashback

Vor ein paar Tagen hatte ich mal wieder ein Flashback - wenn man das denn so bezeichnen kann. Ich guckte um 17:50 Uhr auf die Uhr und mein erster Gedanke war: "Oh, da kann ich ja gleich schon inhalieren!". Ähm. Nein! Ich inhaliere schon seit über acht Jahren nicht mehr. Allerdings habe ich 30 Jahre davor täglich um 18 Uhr (genauer gesagt um 7, 12, 18 und 22 Uhr) inhaliert.
Kann es sein, dass mich das so stark geprägt hat, dass dieses Verhaltensmuster immer mal wieder durchbricht? Sehr schräg irgendwie.

Ich muss zugeben, neben all den schönen Veränderungen und vor allem Verbesserungen seit der Transplantation war (und ist) ein Highlight, dass ich nicht mehr so fremdbestimmt meinen Alltag planen muss. Dass ich nicht mehr zu festen Zeiten inhalieren und meinen Alltag danach ausrichten muss. Und natürlich der enorme Zeitgewinn. Dieses nicht-mehr-inhalieren-müssen hat mir ein großes Gefühl von Freiheit gegeben. Ich hatte vorher gedacht, dass es vielleicht mehr der Verzicht auf den Sauerstoffschlauch ist, der mich ja auch eingegrenzte. Nein - die Freiheit kam mit dem Wegstellen des Inhaliergeräts. 

 Foto: Inhaliergeräte und Ampullen auf dem Nachttisch

Natürlich ist man nach einer Transplantation niemals wirklich frei. Es gibt so vieles woran zu denken ist - seien es Arzttermine, Medikamente oder andere Richtlinien. Trotzdem ist es jetzt leichter einfach so einen Ausflug zu machen oder in den Urlaub zu fahren. Auch wenn dies weiterhin gut geplant sein muss (alle Medikamente müssen mitgenommen werden und es ist auch immer ratsam einen Facharzt vor Ort zu googeln, falls es zu einem Notfall kommt). Durch Corona sind natürlich nochmal mehr Gedankengänge nötig... aber das geht wohl noch ein paar anderen auch so.

Insa