Samstag, 23. Februar 2019

Mit Polizeieskorte zum Sauerstoff

Heute mal eine kleine Anekdote aus der Rubrik "Damals...mein Leben mit Mukoviszidose vor der Transplantation" :-)

Als ich eben darüber nachdachte, wann das eigentlich passiert ist, habe ich mit erschrecken festgestellt, dass die Geschichte tatsächlich bald 25 Jahre her ist. Ich kann es grad selbst nicht glauben und fühle mich mal wieder sehr alt.

Aber was war da nun geschehen?

Ich hing damals schon am flüssigen Sauerstoff. Zusammen mit meiner Mutter, meiner Schwester,  einer Muko-Freundin und ihrem Freund fuhr ich nach Bremen für das Bon Jovi Konzert. Da Bremen doch eine ganze Ecke weit weg ist, schliefen wir im Hotel, was eben auch bedeutete, dass der große Flüssigsauersstofftank (zum Nachfüllen) mit musste. (Der transportable Sauerstofftank reichte mir damals immer für ca. 6 - 7 Stunden.)
Mein transportabler Flüssigsauerstofftank und ich - wir waren über 20 Jahre ein super Team :-)

Nachdem wir im Hotel eingecheckt und Sauerstoff, Gepäck und Co ins Zimmer gebracht hatten, ging es zum Konzert. Gerade für Open Air Konzerte muss man ja viel Zeit einrechnen und besonders viel extra Zeit, um am Ende vom Parkplatz wegzukommen. Rein rechnerisch, hätte das aber gut geklappt mit dem transportablen Sauerstofftank. Das Konzert war ganz große Klasse und wir hatten total nette Ordner (das wird noch wichtig). Aber so schön so ein Konzert ist, ich war auch echt fertig hinterher. 
Man kann zwar nicht viel erkennen... aber irgendwo in der Mitte sind Bon Jovi...


Wenn ein Sauerstofftank umkippt...


Beim Einsteigen ins Auto ist es dann passier: Der transportable Sauerstofftank ist umgekippt. Normalerweise kein Problem. Es entweicht mit einem fiesen Piepen etwas von der guten Luft, aber nach ein paar Sekunden schließt sich das Überdruckventil und alles ist wieder in Ordnung.
Dieses Mal allerdings, ist das Ventil vereist und der gesamte restliche Sauerstoff verflüchtigte sich. Sch... ! Okay, ruhig bleiben, möglichst entspannt atmen und hoffen, dass es zügig voran geht. Aber auf dem Parkplatz tat sich überhaupt nix. Im Radio kam dann die Durchsage, dass dort mit mindestens zwei Stunden zu rechnen sei. Mist. Jetzt bekam ich doch ein bisschen Panik.

Besagter Freund ist dann los und fand den Ordner, der uns beim Konzert gesehen hatte, erklärte ihm unser Problem und zusammen gingen sie zur Einsatzleitung der Polizei. Manchmal muss man einfach Glück haben und die richtigen Leute zur richtigen Zeit treffen.

Die Polizei, Dein Freund und Helfer


Der Einsatzleiter war spitze. Erst wollte er uns einen Krankenwagen schicken, aber nachdem er verstanden hatte, dass im Hotel noch Sauerstoff ist und ich es bis dahin schaffen würde, hat er uns einen Motorradpolizisten geschickt, der uns mit Blaulicht durch das Parkplatzchaos und die Stadt, bis zur Autobahnauffahrt gebracht hat. So war ich nach knapp 30 Minuten erleichtert bei meinem Sauerstoff und Inhalationsgerät. Ende gut - alles gut.

Liebe Grüße
Miriam


Freitag, 15. Februar 2019

Das Interview

Demnächst wird in der "Brigitte Woman" ein Artikel über mich stehen. Ich gebe zu, als ich das zuerst gehört habe, war ich ein wenig irritiert und empört - nicht die "Brigitte" sondern die "Brigitte Woman"!?! Bin ich schon so alt? Bin ich nun Zielgruppe "Woman"?
Ja, bin ich.
Ich kann die Fakten nicht leugnen - ich bin über 40 Jahre alt. Also was soll's. Wir werden alle nicht jünger...

Nicht schwafeln, sondern reden


Letzte Woche habe ich mich also mit einer freien Journalistin zum ersten Gespräch getroffen. Sie hat ein paar Fragen gestellt und ich habe so gut es geht und ausführlich geantwortet. Nach einer Stunde war meine Interviewerin erschöpft. Sei meinte, ich hätte ihr in 60 Minuten so viel erzählt, wie sie sonst nicht mal in drei Stunden von ihrem Gegenüber erfährt. Ich sei sehr klar strukturiert, direkt und gerade heraus. Ob ich immer so sei?
Gute Frage!?
Nach kurzem Überlegen musste ich zugeben: ja, ich bin immer so. Ich war auch schon immer so.
Wenn ich etwas überhaupt nicht mag, dann sind es Leute, die "um den heißen Brei herum reden" und nie zum Punkt kommen. Keine Ahnung warum das so ist.
Als ich heute darüber nachgedacht habe, sind mir zwei Gründe eingefallen:
1. Zeit ist kostbar
2. Es hilft dem Gesprächspartner, der auf eine Antwort wartet, auch nicht weiter, wenn erst zehn Minuten Geschwafel und dann nur eine vage Antwort kommen.

Ich weiß, dass ich mit meiner Direktheit schon so einige verstört habe... Und sowas wie Smalltalk musst ich erst mühsam lernen... Auch hier bei Mukomania, bin ich eher die kurz & knappe Schreiberein, während Miriam gerne ausführlich erzählt. Vielleicht ergänzen wir uns deshalb so gut.

Die Jounalistin will mich noch ein wenig im Alltag begleiten - wir werden zusammen bouldern gehen und eine Radtour durch die Eilenriede machen. Ich bin sehr gespannt, was am Ende dabei heraus kommt. (Ich gebe Euch Bescheid, wenn das Heft mit meiner Geschichte erscheint.)

Genießt das Frühlingswetter - es soll ein tolles Wochenende werden!
Insa


Donnerstag, 7. Februar 2019

Sandra

Vor ein paar Tagen fuhr ich mit dem Fahrrad durch die Eilenriede (das ist ein großer Stadtwald mitten in Hannover) und auf einmal dachte ich an meine "alte" Freundin Sandra. Wir waren zehn Jahre lang sehr, sehr gut befreundet. Eine Krankenhausfreundschaft: Sie begann im Krankenhaus "Im Bürgerpark" in Bremerhaven, als wir gemeinsam dort Weihnachten und Silvester 1990 verbrachten, und sie endete in der MHH, wo sie im Februar 2000 starb. Da ich zu diesem Zeitpunkt selbst in einem anderen Krankenhaus zur Antibiose lag, konnte ich nicht zu ihrer Beerdigung, was mich damals schwer getroffen hat - ich konnte mich nicht richtig von ihr verabschieden.

Sandra hatte keine Mukoviszidose, sondern eine sehr seltene Autoimmunerkrankung. Damit war sie öfter im Krankenhaus als ich und die Ärzte meistens eher ratlos. Mit Mukoviszidose war man in den 80er Jahren oft Versuchskaninchen. Bei Sandra war dies ein Dauerzustand.
Sie kam aus schwierigen familiären Verhältnissen. Der Vater hatte die Familie früh verlassen. Mit ihrer Mutter verstand sie sich nicht so gut, so dass sie bei ihrer Oma wohnte - aber auch da lief nicht alles reibungslos. Ich denke, ich war quasi so eine Art Familienersatz.

Sandra war mit dabei, als ich zu Hause auszog und nach Hannover ging, um dort zu studieren. Als sie selbst Patientin der MHH wurde, war es sehr praktisch, dass ich vor Ort war - so konnte ich sie oft besuchen.
Ich war bei ihrer Hochzeit dabei - aber sie nicht mehr bei meiner.
Sie hat auch meine gesundheitliche Verschlechterung hin zur Listung nicht mitbekommen. Und sie kennt nicht mein Leben 2.0, was sie wahrscheinlich ganz phänomenal gefunden hätte.

Als Muko gehört der Tod von Freundinnen und Freunden früher oder später mit zum Muko-Leben. Ich habe viele schöne und lustige Erinnerungen an meine Krankenhausfreunde, aber auch viele traurige.
Ich möchte keine davon missen. Ganz ehrlich. Sie machen mich zu der, die ich jetzt bin. Und sie zeigen mir, dass ich das Leben schätzen und genießen muss.
Ich glaube ja, Sandra hockt da oben auf einer Wolke und guck ab und an zu mir runter. Bestimmt hat sie im Geiste bei meiner Hochzeit mitgetanzt... Ganz sicher saß sie bei meiner Lungentransplantation in der ersten Reihe und hat sich nicht einen Millimeter bewegt, bis die OP vorbei war und die Chirurgen ihre Arbeit ordentlich abgeschlossen hatten. Bestimmt fährt sie ab und an mir Fahrrad und freut sich mit mir über meine neuen Möglichkeiten.
Und ich bin der festen Überzeugung, dass sie (die Kommunikative) sich inzwischen schon mit Elvis und Michael Jackson unterhalten hat. Denn so war sie: Einfach Leute anquatschen und gucken was geht.

Nun jährt sich Sandras Todestag zum 19. Mal.
Sie fehlt, aber ist auch immer noch da.
Insa


Sonntag, 3. Februar 2019

Tabletten schlucken für Anfänger und Profis

Als ich mal wieder mit meinem Stapel Rezepten in der Apotheke stand, habe ich etwas Spannendes entdeckt: Eine Tablettenumhüllung, die das Schlucken von Tabletten erleichtern soll. Dazu (und meinem Selbstversuch) gleich mehr.

Generell habe ich zum Glück - wie die meisten von uns Mukos - keine Probleme mit dem Schlucken der verschiedensten Tablettenformen, -größen und -geschmäckern. ""Früh übt sich" stimmt in diesem Fall wohl und ich zähle mich eindeutig zu den Profis. Alle Tabletten in den Mund geschüttet, etwas trinken und gut ist. Gar nicht auszudenken, wenn ich jede Tablette einzeln schlucken müsste, da würde ich ja nie fertig werden. Allerdings habe ich es nie geschafft größere Tabletten oder vor allem die Enzyme ganz ohne etwas zu trinken (oder zu essen) zu schlucken (ausser natürlich ich öffne die Enzymkapseln). In der Kinderklinik gab es regelrechte Enzymkapselnschluckwettbewerbe. Wer schafft die meisten Kapseln in einem Rutsch zu schlucken. Ich meine mich zu erinnern, dass mein persönlicher Rekord bei 11 oder 12 Stück lag. Irgendwann, als ich schon bei den Erwachsenen war, erzählten mir Muko-Teenager, dass der damalige "Sieger" 16 Kapseln runtergewürgt hat. Wow, dachte ich, das schaffe ich dann doch nicht. Allerdings stellte es sich raus, dass es sich um die "kleinen" 10.000er Kapseln einer der berühmten Enzymkapselnfirma handelte, die ich bis dahin noch gar nicht kannte, trotzdem aber eine unglaublich bemerkenswerte Leistung :-) (und es gibt sicher Mukos, die auch locker 16 "große" Kapseln schlucken).
 Eine "kleine Handvoll" Enzyme...
 Es gibt kleine und große Enzymtabletten - und noch ganz große..

Als Kind war es mir also völlig unverständlich, wenn ich andere - und vor allem Erwachsene - dabei beobachtet habe, wie die vor einer kleinen, nicht mal Smarties-großen, Tablette kapituliert haben oder ein wahnsinns Gewese dabei veranstaltet haben. Ich habe auch von klein an protestiert, wenn Ärzte es vermeintlich gut mit mir meinten und mir nötige Medikamente als Saft verschreiben wollten. Igitt, dann lieber fünf Tabletten.

Tabletten schlucken nach der Transplantation


Der einzige Zeitpunkt, wo mir das Tablettennehmen mega schwer fiel, waren die ersten ca. zwei Wochen nach der Lungentransplantation. Na klar war das schon eine große Menge an Medikamenten, aber das war ich eigentlich gewöhnt. Trotzdem war es manchmal eine regelrechte Quälerei und gefühlt war ich gerade mit einer Portion fertig, da gab es schon die nächste. Das hat mich wirklich irritiert und ich habe mir unglaublich Gedanken gemacht, wie das in Zukunft werden soll. Aber zum Glück ist das nur eine kurze - nicht ungewöhnliche - Phase direkt nach der OP.

Die Tablettenschutzhülle


Nun zu dem Produkt, welches mich zu diesem Thema inspiriert hat.
Es kann gut sein, dass es auch noch andere Produkte von anderen Firmen gibt, so intensiv habe ich mit jetzt nicht damit beschäftigt. Bei dieser Firma ist es ein Blister, der einen leicht zitronig schmeckenden Überzug enthält. Dieser soll laut Produktbeschreibung den Speichelfluss anregen, die Tablette glatt und rutschig machen, verhindern das sich Tabletten schon im Mund anfangen aufzulösen (und das meist nicht mit leckerem Geschmack). Der Überzug soll sich schon nach etwa einer Minute nach dem schlucken auflösen und damit keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Wirkstoffe haben. Natürlich sind Brausetabletten und Medikamente die sich absichtlich im Mund oder unter der Zunge auflösen sollen ausgeschlossen (logisch). Ich habe das spaßeshalber mal für Euch ausprobiert. Man drückt die Tablette durch den Blister und damit auch durch das geleeartige Überzugsmittel. Fünf Sekunde warten, Tablette abdrehen und normal mit Flüssigkeit schlucken.
Eine gewisse Handfertigkeit braucht man schon, dass übt sich wahrscheinlich mit der Zeit. Ja, der Überzug ist wirklich sehr glatt. Wie viel das beim Schlucken ausmacht, kann ich ehrlich gesagt nicht beantworten, da ich auch ohne dieses Hilfsmittel keine Probleme habe. Der Zitronengeschmack ist sehr dezent, was ich aber eher positiv finde. Meine Speichelproduktion ist eh eingeschränkt, von daher kann ich keine speichelanregende Wirkung erkennen (hatte die Tablette extra einen Moment im Mund behalten). Fazit: Für uns Profis natürlich absolut unnötig und teuer. Ein Blister für 10 normale/große Tabletten oder 20 kleine kostet 5 Euro. Überlegt mal, bei über 30 Tabletten am Tag (ohne Enzyme gerechnet), ganz abgesehen von dem Zeitaufwand. Aber vielleicht kann es für ältere Leute, bei sehr großen Tabletten oder eben sehr schnell ausflösenden Medikamenten eine gewisse Hilfe sein. Oder auch eine Art mentale Unterstützung um die erste Hürde zu überwinden.

Liebe Grüße
Miriam


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