Montag, 16. August 2021

Wir sind jetzt 8 - Lungengeburtstag

Acht mal durften meine Spenderlunge und ich schon Geburtstag feiern. Irre, oder? Manchmal lese ich von anderen Lungentransplantierten, die zum Beispiel zehn Jahre transplantiert sind und denke "Wow, so lange." Erst danach realisiere ich, dass es bei mir auch schon acht Jahre sind. 

Selfie von Miriam auf einer Bank im Wald. Nur der Kopf und ein Stück vom Oberkörper sind zu sehen. Die braunen Haare sind zusammengebunden. Sie trägt ein graues T-Shirt und eine schwarze Strickjacke liegt über der linken Schulter.r

Die Zeit vergeht so wahnsinnig schnell. Ich kann mir immer weniger vorstellen, wie ich meinen Alltag vor der Lungentransplantation gemeistert habe. Wie ich mit der ständigen Atemnot zurecht gekommen bin und all die vielen Stunden Therapie in den Tag gequetscht bekommen habe. Mindestens alle 8 - 12 Wochen habe ich meine Sachen gepackt (oder packen lassen), um ins Krankenhaus zu gehen. Die ewige Sorge keinen (Infusions-) Zugang mehr legen zu können. Die Schmerzen, die Nebenwirkungen, all das wurde von mal zu mal schlimmer. Trotzdem habe ich gern gelebt und trotzdem habe ich erstaunlich viele schöne Dinge gemacht. Aber ehrlich gesagt verklärt sich auch das ein wenig in all den Jahren. Ich erinnere mich gut und gern daran, wie ich auch mit Sauerstoff zum Ballett gegangen bin, aber wie schlimm und anstrengend es manchmal war, einfach nur auf Toilette zu gehen, habe ich gut verdrängt. Natürlich erinnere ich mich gern an unsere Ausflüge und kurzen Urlaube, wie zum Beispiel Disneyland Paris oder ein Kurzurlaub im Harz. Das ich aber wahrscheinlich schon auf jeder Disneybank geschlafen habe, weil ich so erschöpft war oder im Harz bei der Kutschfahrt sofort eingeschlafen bin und wir eh nur drei, vielleicht vier Stunden am Tag hatten um etwas zu unternehmen, das alles tritt in den Hintergrund. Was gut so ist.

In diesem Jahr lag so vieles an, dass der Lungengeburtstag ein wenig unterging. Aber das Unterbewusstsein ist schon etwas Faszinierendes. Im Nachhinein ist mir klar, warum ich zwei Tage vorher schon furchtbar emotional war und meine Träume eine wahre Schatzgrube für Traumdeuter gewesen wären. Es war eben eine extreme Grenzerfahrung und ich bin weiterhin unfassbar dankbar dafür, doch weiterleben zu dürfen. 

Wie immer in diesen besonderen Tagen, denke ich auch an die Spenderfamilie. Da ist diese tiefe Dankbarkeit und der große Wunsch / die große Hoffnung, dass es den Angehörigen meines/meiner Lungenspenders/-spenderin gut geht und sie zufrieden und glücklich mit der getroffenen Entscheidung sind. 

Um es unseren Angehörigen in solch einer furchtbaren Situation ein wenig leichter zu machen, müssen WIR uns entscheiden. Jede/r einzelne sollte sich die Zeit nehmen und einen Organspendeausweis ausfüllen. Dabei geht es in erster Linie auch nicht darum ob JA oder NEIN angekreuzt wird, sondern dass diese schwere Entscheidung am Ende nicht den Liebsten aufgebürdet wird. 

Auf das Leben,
Miriam

 

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