Sonntag, 31. August 2014

Was ist bitte normal?!

Heute gibt es mal einen Doppelblogeintrag.

Insa:
Nun ist meine Lungentransplantation schon bald ein halbes Jahr her. Vielleicht ist dies mal eine ganz gute Gelegenheit eine erste kleine Bilanz zu ziehen. Was hat sich verändert? Wurden meine Erwartungen erfüllt? Was hatte ich überhaupt für Erwartungen? Was ist besser - was ist schlechter?

Alles in allem, kann ich eigentlich knapp zusammenfassen: ES IST DER HAMMER!
Ganz ehrlich, ich hätte niemals erwartet, dass es so großartig sein kann, wieder normal atmen zu können. Wenn man so viele Jahre so eingeschränkt unterwegs war und mehr oder weniger immer nur mit "krank sein" beschäftigt war, dann eröffnet sich mit so einer Lungentransplantation ein ganz neues Leben. Dabei ist tatsächlich die größte Herausforderung das "normal sein". Was bitte ist normal? Wie verhalten sich normale, gesunde Leute? Wie oft bewegen sie sich oder gehen raus? Wie oft gehen sie spazieren? Solche Fragen beschäftigen mich derzeit am meisten.

Ich hatte mir während der Wartezeit eigentlich kein großartigen Gedanken über die Zeit danach gemacht. Wahrscheinlich auch aus Selbstschutz. Ich wollte meine Tage nicht mit Gedanken an eine Zukunft füllen, von der ich nicht wusste, ob sie überhaupt in Erfüllung geht. Ich wollte versuchen auch aus der damaligen Situation das Beste zu machen und Teile davon genießen so gut es eben geht.
Ein Ziel hatte ich mir allerdings gesetzt: ich wollte an Meer! (Ich liebe das Meer!)
Und das haben wir auch gemacht. Ein paar Wochen nach der Transplantation sind meine Mann und ich nach Cuxhaven ans Meer gefahren und haben einen ausgiebigen Strandspaziergang gemacht. Das war sensationell!!!



Meine Bilanz fällt also komplett positiv aus. Ich würde diesen Schritt jederzeit wieder machen. Ohne zu zögern. Auch wenn man hinterher einige Einschränkungen hat und sich auf bestimmte Bedingungen neu einlassen muß (ich sage nur "keimarmes" Essen...).

Und ich möchte an dieser Stelle auch nicht vergessen, meinem unbekannten Spender und seiner Familie zu danken. Ich habe so großen Respekt vor ihrer Entscheidung und bin zutiefst dankbar für ihre Großzügigkeit und Freundlichkeit.
Ich werde weiter gut auf unsere Lunge aufpassen.
Insa

Miriam:
Da quetsch ich mich doch gleich noch mit drunter. Das Jahr seit meiner TX war und ist eine spannende Reise und ich kann Insa nur zustimmen. Nicht alles ist einfach, aber es ist kein Vergleich zu vorher. "Einfach so" atmen zu können ist großartig und ich denke ebenfalls in vielen Situationen an meinen Spender und die Familie, auch da kann ich mich Insas schönen Worten nur anschliessen!

Insas "Was ist normal"-Frage, ist auch ein großer Bestandteil meines Denkens. Das ist für Aussenstehende natürlich gar nicht nachvollziehbar, aber "normal gesund" kenne ich halt nicht. Ein schönes Beispiel dafür, war mein erster - ich sag mal - profaner Schnupfen, kurz nachdem ich aus der Reha nach Hause kam. Schnupfen, Halsweh, elend fühlen, der Klassiker. In meinem "normal" hätte das geheißen: Notfallantibiotikum, Therapie verzehnfachen und beten, dass es nicht zwei Tage später im Krankenhaus endet. In Sorge um die neue Lunge rief ich in der Transplant-Ambulanz an und auf die Frage, was ich denn jetzt machen solle, sagte man mir: "Na, was man halt macht bei einem normalen Infekt."  ????????? Auf mein Nachfragen erklärten sie mir erstaunt: "Ausruhen und viel trinken." Das Wort ausruhen existiert ja quasi nicht bei einem volltherapierten CF-Patient. Irgendwie habe ich immer noch ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal einfach nur im Bett oder auf dem Sofa liege und noch nicht zwei Stunden Sport oder Sparziergänge gemacht habe. Normal halt :-)

Viele Grüße
Miriam

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