Samstag, 15. Juni 2019

Gute und schlechte Tage

Wie bei vielen unsichtbaren Krankheiten ist es auch bei Mukoviszidose für "Gesunde"oft schwer nachvollziehbar, wie beeinträchtigt und zeitaufwändig der Alltag damit ist. Dazu kommt nun noch, dass es extreme Unterschiede zwischen den Patienten gibt. Während die einen mit 25 Jahren ihren ersten Marathon laufen, haben die nächsten schon die zweite Doppellungentransplantation hinter sich. Was aber, glaube ich, am schwierigsten für das Umfeld zu verstehen ist, sind die gesundheitlichen Schwankungen bei einer Person.
War es bei mir vor der Transplantation hauptsächlich die Lunge, die diese unterschiedlichen "Tage" ausgelöst hat, sind es jetzt die Schmerzen und Knochenprobleme. Habe ich vorher zumindest schnell geatmet und Sauertoffschläuche im Gesicht gehabt, sind die Probleme nun noch unsichtbarer und noch schwerer zu vermitteln. Selbst ich hadere mit mir und kann mich nur schwer wieder auf Rollstuhl und Hilfe einlassen, weil ich doch jetzt Luft kriege und alles können müsste. Wie sollen das dann andere verstehen? So ist das erste Foto entstanden, als ich total stolz und euphorisch war, dass ich es mit dem E-Bike bis zum Supermarkt geschafft habe (gerade mal ein Kilometer). Nur ein paar Tage später brauchte ich den Rollstuhl sogar IM Supermarkt.

Die Gründe dafür, ob ein Tag gut oder schlecht ist sind vielfältig - und manchmal lässt sich auch gar kein Grund finden. Im Negativen ist es zum Beispiel Erschöpfung: Weil ich mich am Tag zuvor übernommen habe, weil die Nacht schlecht war durch Husten/Luftnot/Bauchschschmerzen/Übelkeit/Unterzucker/Schmerzen, wegen Medikamentennebenwirkungen oder weil (vor der Transplantation) ein Infekt die Lunge noch mehr Schleim produzieren und die Atemwege anschwellen lässt - und im Zweifel ist eh immer das Wetter schuld.
Im Positiven ist es eher so, dass Vorfreude und ähnliches mich während einer Feier, einem Ausflug, Urlaub, Selbsthilfearbeit oder einem einfachen schönen Treffen mit Freunden aufrecht gehalten hat (und hält). Währenddessen habe ich das Gefühl Bäume ausreißen zu können (na ja...Gras) um dann danach aber quasi zusammenzufallen.

Leider hilft Vorfreude auch nicht immer, und es gibt hunderte von Sachen, die ich im letzten Moment absagen musste, weil ich diese an einem guten Tag geplant hatte und am Stichtag mein Körper sagt: "Du spinnst doch." Für einen selbst ist das schon bescheiden genug und dann muss man sich nach außen auch noch oft genug verteidigen. Das liegt natürlich auch daran, dass Außenstehende nicht wissen können, bzw. nicht sehen, was es mich für Energie und Vorbereitung gekostet hat (und kostet), wenn ich etwas unternehmen wollte.

Was ist ein guter Tag?


Und auch die Konsequenzen nach einem anstrengenden Tag sind für die Menschen "draußen" ja unsichtbar. Außerdem hat das Wort "gut" für jeden eine andere Bedeutung und ändert sich je nach Krankheitsstatus. Wenn ich vor der Transplantation sagte: "Ich hatte einen super guten Tag, ich war sogar beim Ballett.", dann hieß das, dass ich mit allem was der Sauerstofftank hergab ein paar Übungen an der Stange mitmachen machen konnte. "Gesunde" haben bei der Aussage eine Aufführung von Schwanensee vor Augen.

Von daher, genießt die guten Tage und kostet sie voll aus
Miriam


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