Freitag, 10. Juli 2020

Positiv oder Negativ?

Ich bin eine Realistin. Finde ich zumindest.
Das war ich schon immer. Manchmal wird mir dies als Pessimismus ausgelegt. Aber wahrscheinlich ist es nur meine Direktheit, die einige Leute irritiert. Hier mal ein Beispiel: Als vor etwas längerer Zeit Hamburg auserkoren wurde, sich als Olympiastadt 2024 zu bewerben, da dachte ich nicht: "Oh cool. Wenn das klappt, dann fahren wir dahin und gucken uns Olypia an.". Nein, ich dachte: "Oh wie cool. Wenn das klappt und wenn ich dann noch lebe, dann fahren wir hin."
Das ist meine Art von Realismus.
Es ist doch so: Wer mit Mukoviszidose groß wird (jedenfalls die Leute aus unserer Generation), die/der kennt die Krankheit und den eigenen Körper, die/der kennt alle Höhen und Tiefen (bei sich und bei Freunden) und die/der hat leider auch schon viel zu viele Freunde beerdigt.

Trotzdem gehe ich positiv durchs Leben. Ok, ich habe auch mal schlechte Tage (vor der Lungentransplantation mehr als heute, das ist klar). Aber was nützt es sich von allem entmutigen zu lassen? Das bringt mich nicht weiter.

Als ich vor kurzem im Live-Stream mit MukoTV war (naja, es war ein halber Live-Stream, weil von mir kein Live-Bild zu sehen war - es gab nur Ton), da hat mich Manuel von MukoTV gefragt, wie ich mit Corona umgehe. Meine Antwort war: wir müssen irgendwie das Beste draus machen. Natürlich bin ich nicht glücklich mit dieser Pandemie. Ich weiß, dass wir bestimmt noch bis 2021 damit zu tun haben werden. Ich bin auch nicht glücklich, dass ich zur Risikogruppe gehöre und wünschte es wäre anders. Ich finde es nicht toll, dass mein Leben nun so eingeschränkt ist, dass mein Mann und ich nur noch zu Hause rumsitzen, beide im Homeoffice und alle Freizeitaktivitäten außer Haus mehr oder weniger wegfallen. ABER... wir können die Situation nun mal nicht ändern. Wir müssen uns arrangieren. Das Leben ist ja trotzdem schön und ich bin froh, dass wir zwei uns haben, dass unsere Wohnung gemütlich ist, dass wir einen Balkon haben auf dem wir sitzen können, dass es uns gut geht. Ich will mir mein Jahr nicht von Corona vermiesen lassen - dafür ist es zu wertvoll.

Als ich im Klein-Kindesalter diagnostiziert wurde, da lag die durchschnittliche Lebenserwartung von Mukos bei ungefähr fünf Jahren. Mit meinem Alter wuchs auch die Lebenserwartung mit. Irgendwann hieß es, dass man als Muko das Erwachsenenalter erreichen kann - und inzwischen sind die Kinder, die jetzt geboren werden bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von über 50 Jahren! Das ist schön.
Das bedeutet für mich: alles kann möglich sein. Aber es heißt eben auch: es kann alles ganz anders laufen.

Also, Krone richten und weiter...
Insa

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