Samstag, 4. Juli 2020

Ungewissheit

Genau wie Warten, ist Ungewissheit ein treuer Begleiter, wenn man chronisch krank ist. Dabei meine ich nicht diese allgemeine Ungewissheit, die wir alle in uns tragen: "Wo sehe ich mich in zehn Jahren? Wie geht es weiter im Leben?" Bei so einer komplexen Erkrankung wie Mukoviszidose und all ihrer Begleiterkrankungen und Folgen, dazu alle Herausforderungen der Lungentransplantation... da kommt einiges an Ungewissheit dazu.

Da gibt einiges, was eher zu dem passt was ich oben beschrieben habe: "Wie geht es mit dem Krankheitsverlauf weiter? Werde ich es schaffen bis eine Spenderlunge für mich gefunden ist? Komme ich aus diesem Tief wieder hoch? Überstehe ich den nächsten Infekt?" Und noch so vieles mehr.

Da stimmt etwas nicht


Aber dann gibt es diese miese Kombination von Ungewissheit und Warten. Plötzlich aus dem nichts heraus passt irgendein Blut- oder Lungenfunktions- oder sonst ein Wert nicht. Oder es taucht irgendein neues Symptom auf. Dann beginnt das Rätselraten und oft folgt dann ein langer Ärztemarathon. Denn nicht immer ist der Grund einfach zu finden und das Problem zu lösen. Meist findet zuerst eine Kontrolle statt. Vielleicht ein Messfehler? Oder einfach nur ein doofer Tag? Nun heißt es also warten. Die Kontrolle bringt die Ernüchterung, es stimmt wirklich etwas nicht. Wer ist jetzt zuständig? Ist es etwas für den Hausarzt, einen Facharzt oder die Transplantationsambulanz? Ist es etwas Muko-typisches oder sind es Nebenwirkungen der Medikamente - der aktuellen, oder auch die Folgen von Jahrzehnten starker Medikamente. Patient zu sein in dieser Zeit der Ungewissheit ist oft ganz schön kompliziert, denn neben den Ängsten und Sorgen müssen wir zwischen den verschiedenen Ärzten über- und vermitteln.

Ein Beispiel:


Arzt/Ärztin A: Hier stimmt was nicht, vielleicht ein Infekt? Aber der Rest passt eigentlich nicht. Was sagt den Fachrichtung B dazu?

Arzt/Ärztin B: Das muss nichts bedeuten, aber könnte leider auch etwas sehr Ernstes sein. Wegen der Immunsuppressiva sollten wir das vorsichtshalber ausschließen. Sagen sie A, eine Überweisung an C und D wäre gut.

Arzt/Ärztin C weiß nicht was er/sie bei dem Ganzen tun soll.

Arzt/Ärztin D ist der Meinung es ist alles okay, man muss nicht alles begründen können. (Das mag sich für Laien brutal anhören, aber es ist leider wirklich so, dass nicht immer eine Antwort gefunden wird und im Grunde ist die Hauptsache, dass man etwas Schlimmeres ausschließt.)

All die Termine und Untersuchung passieren natürlich nicht in wenigen Tagen, sonder das Ganze zieht sich oftmals über Wochen. Und während dieser Zeit schwebt diese Ungewissheit über einem. In den meisten Fällen stellt sich alles als harmlos und /oder gut behandelbar raus. Aber da sind die restlichen paar Prozent, die schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.

Weitermachen mit der leisen Stimme des Zweifels


Meist kann ich gut mit der Ungewissheit umgehen und "normal weiterleben" in dieser Zeit. Das habe ich ja nun auch mein Leben lang geübt. Einfacher ist es natürlich, wenn ich mich dabei gut fühle und "nur" ein diffuser Wert geprüft werden muss. Aber ganz ganz hinten im Kopf ist halt trotzdem diese kleine leise Stimme die hin und wieder einwirft : "Was, wenn es dieses Mal doch schlimm ist?"

Ist dann endlich alles geklärt, ist die Erleichterung groß und manchmal merke ich erst dann, wie sehr mich die Sache unbewusst belastet hat. Kommt doch einmal etwas Schlimmeres raus, bin ich trotzdem oft mehr erschrocken als gedacht, weil ich innerlich fest der Meinung war, alles ist okay. Und wenn es sich nicht klären lässt? Dann verblasst die Ungewissheit mit der Zeit - bis zum nächsten neuen Problem.

Lasst Euch nicht unterkriegen,
Miriam



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