Freitag, 19. Februar 2021

Löffeltheorie

Schon mal von der Löffeltheorie gehörte? Nein? Ich auch nicht... bis ich die aktuelle Folge vom Podcast "Die Neue Norm" gehört habe. In dieser Folge ging es eigentlich um das Thema FOMO = fear of missig out (= die Angst etwas zu verpassen). Aber die Löffel- oder auch Bestecktheorie, von der darin gesprochen wurde, fand ich genauso spannend.

 Bild: Sketchnote-Zusammenfassung der Podcastfolge

Löffel und Besteck

Bei der besagten Löffeltheorie geht es um folgendes:
Ein Löffel steht für eine Energieeinheit - und jede/jeder Mensch hat für einen Tag nur eine begrenzte Anzahl von Löffeln zur Verfügung. Ist man/frau nun körperlich eingeschränkt oder chronisch krank, ist der Verbrauch von Löffeln höher... und die Löffel sind manchmal schneller verbraucht als gewollt.

Im Podcast wird die Löffeltheorie noch um die Bestecktheorie ergänzt, also Messer und Gabel kommen dazu.
Die Gabel steht dabei für den Stress von außen, der Energie rauben kann; das Messer soll für Aktivitäten stehen, die Dir zu viel Energie rauben und die das Tagespensum zu schnell verbrauchen.

Dazu mal ein Beispiel aus meinem Leben.
Als ich auf der Warteliste für die Lungentransplantation stand (ich benötigte 24 Stunden zusätzlich Sauerstoff ) waren meine "Löffel" allein durch Duschen/Waschen, kleine Sporteinheit und Autogene Drainage (Atemtechnik um die Lunge zu reinigen) aufgebraucht. Sagen wir mal, ich hätte 10 Löffel für den Tag zur Verfügung. Dann hätte meine Verbrauchsliste ungefähr so ausgesehen:

  • Duschen/Waschen: 3 Löffel
  • Sport: 4 Löffel
  • Autogene Drainage: 3-4 Löffel
  • Arztbesuch: 2-3 Löffel
  • Einkaufen: 2 Löffel 
  • Treppensteigen (je nach Stockwerk): 2-8 Löffel
  • Spaziergang: 2-3 Löffel
  • Freunde treffen: 2-3 Löffel
  • abends durch die Wohnung laufen: 1 Löffel

Ich habe mich darauf eingestellt und immer nur einen Teil von Aktivitäten gemacht. Meine Tage habe ich genau geplant. Wenn also z.B. ein Arztbesuch anstand, dann gab es keine weiteren Termine mehr und der Sport blieb meistens auch auf der Strecke.

Nach Transplantation

Seit meiner Lungentransplantation hat sich mein Löffelverbrauch glücklicherweise sehr geändert (weil meine Lunge nicht mehr so schwer arbeiten muß und als Energieverbrauche nicht mehr so ins Gewicht fällt):

  • Duschen/Waschen: 0-1 Löffel
  • Sport: 3 Löffel
  • Autogene Dainage: fällt weg
  • Arztbesuch: 0-1 Löffel
  • Einkaufen: 0 Löffel
  • Freunde treffen: 0-1 Löffel
  • Treppensteigen (ab 3 Stockwerken): 1 Löffel
  • Spaziergang (je nachdem wie lang): 1 Löffel

Auf einmal so viele Löffel zur freien Verfügung zu haben ist nach wie vor ein tolles Gefühl! Und ich bin sehr dankbar dafür.

FOMO

Kommen wir nochmal kurz auf das eigentliche Thema der Podcastfolge zurück - die Angst etwas zu verpassen. Das spielt natürlich in die Löffeltheorie mit rein. Wenn ich nur eine gewisse Anzahl von Löffeln für den Tag habe, dann muss ich (wenn ich nicht permanent über meine Verhältnisse leben will) automatisch auch mal Termine/Treffen absagen und verpasse etwas. Ich glaube, dass kennt jede/jeder Muko. In diesem Zusammenhang ist der Lockdown schon fast positiv zu sehen - denn nun sind alle Zuhause und die Treffen finden online statt. Das ist tatsächlich entspannend - und auch inklusiv!

Ich nehme zur Zeit an so vielen Onlinetreffen teil, wie noch nie. Das ist manchmal auch Stress - aber ein positiver. :-)

Macht einfach das Beste aus der Situtation,
Insa


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