Samstag, 10. Juli 2021

Auf Hilfe angewiesen sein

Wer von Euch regelmäßig diesen Blog liest, die/der weiß, dass ich großer Fan des Podcasts "Die Neue Norm" bin. In der Folge im Juni 2021 ging es um das Thema Behindertenwohnheime. Dieser Schwerpunkt wurde gewählt, weil vor noch nicht allzu langer Zeit in Potsdam in einem Behindertenwohnheim vier Bewohner*innen von einer Pflegerin ermordet wurden. Und erschreckenderwise blieb danach ein großer Aufschrei in den Medien aus. Das muß man/frau sich mal vorstellen. Wäre so eine Tat in einem Kindergarten verübt worden, dann hätte das Land garantiert tage- oder eher wochenlang getrauert. Es wären in verschiedenen Sädten Trauergottesdienste veranstaltet worden... und ALLE Medien landauf, landab hätten ausführlich berichtet. Aber bei "nur" vier behinderten Menschen ist das Entsetzen eher klein. Von der Täterin wurde spekuliert, ob sie überfordert in ihrem Beruf war - d.h. die Täterin wurde kurzerhand zum Opfer gemacht. Für die ermordeten Menschen interessierte sich kaum jemand.

Bildbeschreibung: Sketchnote-Zusammenfassung "Behindertenwohnheime"

Begünstigen die Strukturen dort Gewalt? Sind es immer Einzelfälle? Was ist eine Wohngruppe? Welche Alternativen gibt es? Das Ziel ist Gleichbereichtigung und Selbstbestimmung. Jezt ist die Zeit um etwas zu verändern.

Wie ist der Zustand in Behindertenwohnheimen?

Als im Podcast Raul Krauthausen, von einer "undercover-Wohnaktion" über fünf Tage in einem Behindertenwohnheim berichtete, fielen mir viele Ähnlichkeiten zu meinen Krankenhauszeiten ein. Er bemängelte z.B. die mangelnde Privatsphäre und dass Bewohner*innen nicht die Hilfe oder Unterstützung bekamen, die sie benötigt hätten (langes Warten auf eine helfende Hand), ebenso fehlendes Empowerment der Bewohner*innen. Grundsetzlich war es ein großes Ungleichgewicht zwischen den dort Lebenden/Wohnenden und den Pflegekräften. Kurzum er beschrieb die strukturelle Gewalt dort - denn nicht immer ist Gewalt tatsächlich etwas Handgreifliches. Dieses Problem haben aber alle Einrichtungen egal ob für behinderte, alte oder kranke Menschen.

Ich weiß der Vergleich hinkt, aber vieles von dem erinnerte mich an meine Krankenhausaufenthalte. Zumindest hatte ich das Glück und konnte nach zwei Wochen stationären Aufenthaltes wieder nach Hause gehen. Oftmals habe ich erlebt, dass ich zur falschen Zeit geklingelt habe (z.B. Übergabe oder Raucherpause). Dieses bedeutete immer langes Warten...
Je schlechter es einer/einem geht und umso mehr wir auf Hilfe angewiesen sind, desto schwieriger wird es oft. "Sie können jetzt aber nicht wegen jeder Kleinigkeit klingeln." ist ein gerngenommener Satz. Wenn keine Angehörigen mit vor Ort sein können und z.B. Getränke anreichen oder das Kopfkissen aufschütteln, dann ist man/frau leider oft verloren.
Ein weiteres einfaches Beispiel: die Zimmertür. Manche der Pflegekräfte haben keine Lust die Tür normal mit der Türklinke zu schließen und ziehen sie immer einfach kräftig und schnell ran. RRUMMMMS! Andere haben gar keine Lust die Tür zu schließen und lassen sie einfach offen. Das klingt jetzt vielleicht kleinlich oder seltsam. Aber wenn unsereins im Bett liegt und nicht aufstehen kann, um die Tür zu schließen.... dann gibt es keine Privatsphäre oder Ruhe für die nächsten Stunden.

Natürlich gibt es auch immer Schwestern und Pfleger, bei denen das anders ist. Vor kurzem durfte ich ein paar Tage eine Intensivstation besuchen (die Geschichte dazu erzähle ich zu einem späteren Zeitpunkt). Dort war wirklich sehr, sehr bemühtes und freundliches Personal im Dienst. Es hat mich allerdings erschreckt, das mir dies so auffiel und ich es für etwas Besonderes hielt.

Falls Euch das Thema interessiert, hört mal bei "Die Neue Norm" mal rein. Es lohnt sich immer.

Insa

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