Diesen Kommentar konnte ich so nicht stehen lassen und habe eine Antwort verfasst. Bei dieser ohnehin schon sehr emotionalen Diskussion in der Gesellschaft sollten die Medien das Feuer auf diese Weise nicht weiter entfachen.
(Dies war der Entwurf von Miriam für den Organspendepreis 2016)
Hier meine Antwort:
Sehr geehrter Herr Hank,
Ihr Organspende-Kommentar „Mein
Körper ist kein Ersatzteillager“ hat mich bestürzt, fassungslos
und traurig gemacht. Einen so unsachlichen, polemischen und schlecht
recherchierten Text hätte ich in der BILD erwartet, aber nicht in
der FAZ. Ich dachte, die FAZ hätte etwas andere Ansprüche und ein
anderes Niveau.
Das Thema Organspende wird in
Deutschland immer hitzig diskutiert. Leider hilft da so ein Beitrag
wie der Ihre nicht wirklich weiter – ganz im Gegenteil.
Ich möchte Ihnen helfen die
Hintergründe zu verstehen, damit Sie in Zukunft wenigstens ein wenig
Hintergrundinformation haben und sich nicht mehr nur auf Ihre
gefühlten Wahrheiten verlassen müssen.
Wir haben in Deutschland zu wenig
Organspender – und dies aus zweierlei Gründen. Zum einen besitzen
zu viele Menschen keinen Organspendeausweis bzw. machen sich über
dieses Thema keine Gedanken, zum anderen werden in vielen kleineren
Krankenhäusern mögliche Hirntote bzw. mögliche Organspender nicht
erkannt und gemeldet.
Die Widerspruchslösung
Bei der Widerspruchslösung kann jeder
Bürger widersprechen. So wie derzeit auch, kann im
Organspendeausweis ein „Nein“ angekreuzt werden. Die
Widerspruchslösung führt hoffentlich dazu, dass sich alle Bürger
über das Thema Organspende eine Meinung bilden und entscheiden ob
sie pro oder contra sind. Sie schreiben selbst von der menschlichen
Bequemlichkeit und dem inneren Schweinehund. Wenn die
Widerspruchslösung diese Bequemlichkeit beim Thema Organspende
beendet, dann hätten alle gewonnen - vor allem die Angehörigen.
Sich zu Lebzeiten nicht für oder gegen eine Organspende zu
entscheiden ist für die Angehörigen, die dann im Fall der Fälle in
dieser Extremsituation diese wichtige Entscheidung treffen müssen,
eine unfassbar schwere Bürde. Dies sollte man seinen Angehörigen
nicht antun, weil es sie oft überfordert.
Die Vergütung in
Entnahmekrankenhäusern
Eine Hirntod-Diagnostik für eine
mögliche Organentnahme ist eine aufwendige Prozedur. Diese, und auch
die spätere Organentnahme mit verschiedenen Entnahme-Teams
(eingeflogen von anderen Transplantations-Krankenhäusern) sind eine
zeitraubende, den Klinikalltag durcheinander bringende Aktion. z.B.
müssen für eine Organentnahme, die zeitnah erfolgen muss, andere
geplante OP-Termine verschoben werden. Für diese entstehenden Kosten
verlangen die Kliniken verständlicherweise einen Ausgleich.
Ich wage mal einen Vergleicht: Was
wäre, wenn Sie z.B. alle 14 Tage von Ihrem Schreibtisch vertrieben
werden und nicht arbeiten könnten, weil ein Notfall diesen
Schreibtisch belegt. Dies passiert nicht nur einmal, sondern mehr
oder weniger regelmäßig. Sie können nicht so arbeiten, wie Sie
wollen und wie Sie es geplant haben. Was wäre Ihre Konsequenz oder
Ihr Anspruch? Genau. Sie verlangen eine angemessene Entschädigung.
So verhält es sich auch mit den Krankenhäusern.
Der Hirntod
Die Hirntod-Diagnostik wurde nicht
„erfunden“, um Menschen zu möglichen Organspendern zu machen,
sondern um Leid zu ersparen. Bei einigen Menschen hängt das Leben
nur noch an Maschinen. Der Vorteil der Intensivmedizin gerät dabei
leider manchmal zum Nachteil für den schwerstkranken, nicht
heilbaren Patienten. Um diesen Patienten zu helfen, sprich: ihnen ein
lebensverlängerndes „Dahinvegetieren“ zu ersparen, wurde die
Hirntod-Diagnostik eingeführt. Sie ermöglicht Ärzten und
Angehörigen die Maschinen abzuschalten, wenn der Patient/Angehörige
in so einer ausweglosen Situation ist und keine Hoffnung auf
Besserung besteht.
Ich bitte Sie eindringlich bei Ihrem
nächsten Organspende-Kommentar besser zu recherchieren. Schlagworte
wie Erstarztteillager oder Zwangsausschlachtung haben in einer
seriösen Zeitung wie der FAZ bei diesem Thema nichts zu suchen.
(Ende.)
Leider konnte ich, nachdem ich den Text geschrieben hatte, meinen Kommentar nicht mehr auf der Webseite der FAZ posten (das war zu dem Zeitpunkt, also zwei Tage nach Veröffentlichung, nicht mehr möglicht - warum weiß ich auch nicht). Da der Artikel aber auch auf der Facebook-Seite der FAZ geteilt wurde, habe ich ihn dann wenigsten dort eingestellt.
Eine Reaktion kam nicht. Vielleicht war ich nicht schnell genug. Vielleicht will oder wollte die FAZ auch keine grundierte Auseinandersetzung bei diesem Thema. Vielleicht wollte sie nur Meinungsmache im Stil der BILD machen ... ich weiß es nicht.
Grundsätzlich möchte ich nochmal klar stellen, dass ich nichts dagegen habe, wenn jemand gegen Organspende ist. Dazu hat jeder sein gutes Recht. Bei Journalisten erwarte ich aber eine andere/grundierte Auseinadersetzung mit dem Thema, vor allem wenn sie sich öffentlich dazu äußern.
Grundsätzlich möchte ich nochmal klar stellen, dass ich nichts dagegen habe, wenn jemand gegen Organspende ist. Dazu hat jeder sein gutes Recht. Bei Journalisten erwarte ich aber eine andere/grundierte Auseinadersetzung mit dem Thema, vor allem wenn sie sich öffentlich dazu äußern.
Insa
Jeder, der sich mir einem Thema grundlegend auseinandergesetzt hat, stößt früher oder später auf Artikel in den Medien, die völlig konträr sind zu dem, was wirklich ist. Die allermeisten Journalisten stehen genau so unter Zeitdruck wie wir alle und schreiben nur noch ab oder geben Vorurteile weiter, weil keine Zeit mehr für tiefergehende Recherchen ist. Ich befasse mich sehr viel mit globaler Politik und kriege jeden Tag Kopfschmerzen, wenn ich die Zeitung aufschlage, weil es ein Unding ist, wie schlecht die Menschen hier "informiert" werden. Es tut mir leid, dass du die Erfahrung nun mit einem Thema machen musstest, dass dir so wichtig ist und mit dem du dich schon viel auseinander gesetzt hast.
AntwortenLöschenLiebe Grüße an Dich,
Frieda