Heute haben wir eine Gastbloggerin bei uns auf der Seite: Steff von Diabetes-Leben. Da Diabetes ja auch bei uns Mukos vorkommt - allerdings meist nur als "Nebenbei-Erkrankung" fanden wir es mal interessant zu hören, wie es sich mit einem "Vollzei-Diabetes" lebt.
Im Gegenzug zu Steffs Gast-Beitrag durfte ich in ihrem Blog als Gast etwas über meinen Muko-Diabetes schreiben:
www.diabetes-leben.com
Insa
Was ist schon eine
Insulinpumpe im Vergleich zu einem Sauerstofftank?
Hallo, ich bin Steff und habe seit fast
18 Jahren Diabetes Typ 1. Über diesen Eindringling, dieses nervige
Anhängsel berichte ich regelmäßig in meinem Blog
(
www.diabetes-leben.com).
Zugegeben bin ich oftmals sehr wütend darüber, dass mich diese
Krankheit heimgesucht hat. Manchmal bin ich einfach genervt, weil
mein Blutzucker nicht so funktioniert, wie ich das gern hätte und
dadurch immer wieder mein Leben durcheinander bringt. Außerdem wäre
da noch der Herr Morbus Crohn, der sich vor ein paar Monaten
dazugesellt hat und seinen nervigen Beitrag zur Beeinträchtigung
meines Wohlbefindens beisteuert. Hinzu kommen noch ein paar andere
hier schon fast nicht mehr erwähnenswerte „Kränkeleien“ … Ja,
ich könnte nun weit ausholen und einen Haufen „Jammer-Zeilen“
dazu verfassen. Keine Sorge, das tue ich nicht... na ja ein bisschen
schon ;).
Der Stand der Dinge
Oft fragen mich Leute, wie ich denn
trotz der "Krankenakte", Dinge tun könne, wie etwa 3,5
Marathons (mehr oder weniger ;)) lächelnd am Stück zu laufen... Und
überhaupt, woher ich die Kraft nehme, 50 Stunden die Woche zu
arbeiten, so viel zu trainieren, nebenbei als Trainerin in
Fitnessstudios noch Kurse zu geben, regelmäßig zu bloggen, den
Diabetes und den Crohn zu managen, mich in der Öffentlichkeit dafür
stark zu machen und eben die alltäglichen Dinge zu erledigen. Mhhh,
genau der Diabetes ist eigentlich der Grund dafür, der mich
motiviert diese Dinge zu tun. Meine Geschichte:
Die Diagnose
1997 wurde bei mir Diabetes
diagnostiziert. ich musste sofort ins Krankenhaus. Die Schwester
"Gnadenlos" ;) war knallhart, ihre Worte lauteten in etwa:
"Sieben Mal am Tag den Blutzucker messen, vier Mal Insulin
spritzen, einen Diätplan einhalten und Tagebuch darüber führen.
Sport und Haushaltszucker sind ab jetzt tabu. Du willst doch nicht
erblinden, wie diese Patientin da drüben, oder? Deswegen ist es
wichtig, immer den Blutzucker zu kontrollieren und wie gesagt auf
keinen Fall Haushaltszucker essen. Aber es gibt ja Alternativen wie
Fruchtzucker. Der ist erlaubt. Dieses Blutzuckermessgerät, diese
Einwegspritze und diese beiden Insuline hier musst du jetzt immer bei
dir führen. Ach so und den Traubenzucker nicht vergessen, für den
Fall einer Unterzuckerung, diese solltest du übrigens rechtzeitig
bemerken bevor du bewusstlos wirst. Das trainieren wir noch. Hier
hast du auch noch eine BE-Austauschtabelle. Schulungen über den
Diabetes bekommst du auch. Das ist dein Diätplan über insgesamt 6
BE, davon sollte man gut satt werden. Wann du die BEs essen musst,
steht auch alles auf dem Zettel hier. Keine Sorge, du bleibst jetzt
erst mal in den nächsten Wochen hier in der Klinik, das kriegen wir
dann schon alles geregelt. Morgen kannst du dich schon selbst
spritzen, wirst schon sehen... (bitte was?). Leg dich jetzt erst mal
schlafen. Wir kommen dann heute Nacht noch ein paar Mal zur
Blutzuckerkontrolle, aber am besten übernimmst du Morgen dann gleich
selbst das Ruder. Je schneller du das alles selbst managt, umso
besser. Psychologische Hilfe bekommst du hier auch in der Klinik. Die
solltest du auch annehmen..."
Nette Begrüßung! Hey Mann! Ich war 14
Jahre! Mitten in der Pubertät.
Ähm ja!!! Klar sind Tränen geflossen.
Das Problem war fast weniger die Diagnose als die piefige Klinik, die
zickigen Krankenschwestern und die etwa 50 Jahre älteren Patienten.
Keiner in meiner Altersklasse hier? Was habe ich falsch gemacht?
Warum bin ich hier?
Hallo Kontrolle!
Das hat mich alles aus der Bahn
geworfen: nach Aufenthalt der Klinik habe ich mich an die strengen
Vorgaben noch lange gehalten, mir Wecker gestellt, um meine BEs
pünktlich zu essen und den Blutzucker zu kontrollieren. Hallo
Kontrolle! Hallo Essstörung (Magersucht)! Hallo Depression! Durch
eine Selbsthilfegruppe (auf die ich glücklicherweise zufällig
gestoßen bin) lernte ich endlich, dass ich sehr wohl Zucker essen
und Sport treiben darf. Dass es neben Einwegspritzen auch Pens und
Insulinpumpen gibt. Dass ich keine Zwischenmahlzeiten essen und auch
keine halbe Stunde Spritz-Ess-Abstand einhalten muss. Ich hörte das
erste Mal von "Insulinanaloga". Ich habe das meiste in der
Selbsthilfegruppe und von anderen Betroffen über den Diabetes
gelernt. Und das ist auch heute noch so! Nur das ich heute nicht mehr
von "Selbsthilfegruppen" sprechen würde, sondern von der
"Diabetes-Community", aus der ich sehr viel Kraft geschöpft
habe und noch schöpfe.
Siegerehrung nach dem 24-Stunden-Lauf
Alles ist möglich
Heute bin ich deshalb stärker und
schlauer ;). Die Worte der Schwester "Gnadenlos" werde ich
jedoch vermutlich nie vergessen. Ich verspüre heute manchmal einen
Drang in mir, allen beweisen zu MÜSSEN, ich bin kein
"kranker"/"halber" Mensch. Kann das trotz
Diabetes und Morbus Crohn (kürzlich diagnostiziert) alles schaffen.
Trotzdem Marathon laufen, trotzdem 50 Stunden die Woche arbeiten,
trotzdem viel trainieren, trotzdem... und ich kann noch viel mehr!
Zum Einen motiviert mich das, zum Anderen muss ich mich dabei aber
auch ausbremsen und mir klar machen: "hey, du musst niemandem
etwas beweisen"... und schon gar nicht über Schmerzensgrenzen
hinaus gehen und dich auch nicht so stark unter Druck setzen. Dabei
hilft mir das Meditieren. Dabei komme ich runter und auch mein
Blutzucker ;), der in solchen Stress-Situation gerne mal ansteigt.