Normalerweise schwärmen Insa und ich ja immer, wie gut das in Hotel oder Restaurant funktioniert, wenn wir Sonderwünsche wegen der Tansplantations-Essensregeln haben. Bisher konnten wir eigentlich nur gute Erfahrungen sammeln und oftmals wurde sich viel mehr Mühe gegeben, als wir erwartet haben.
Vor zwei Wochen allerdings habe ich etwas erlebt, dass kann ich kaum in Worte fassen. Ich war mit meiner Schwester in einem Drei-Sterne Hotel in Berlin. Ein altes, aber wirklich süßes Hotel. Eigentlich waren wir ganz begeistert. Auf der Homepage des Hotels wird unter anderem auch extra mit glutenfreiem Brot geworben, das hörte sich so an, als würden sie sich gut auf Gäste mit besonderen Bedürfnissen einstellen. Am ersten Morgen war eine Angestellte für das Frühstück zuständig und war sehr nett und zuvorkommend. Ich bekam zwei Brötchen und etwas Aufschnitt direkt aus der Küche (die direkt neben dem Frühstücksraum liegt). Alles super.
Aus Erfahrung weiß ich, dass es Hotels gerne haben, wenn man für den nächsten Tag (oder Tage) eine Liste schreibt, was man von dem vorhandenen Angebot gerne essen würde. Dann kann bei den morgendlichen Frühstücksvorbereitungen mein Teller gleich mit fertig gemacht werden und macht später, wenn vielleicht viel los ist, keine Arbeit mehr. Der Vorschlag kam gut an und ich sollte die Liste an der Rezeption abgeben. Dies ist zwar etwas ungewöhnlich gewesen, aber ich hab mir nichts dabei gedacht.
Am ersten Tag konnte ich Berlin noch genießen...
Böse Überraschung beim Frühstück
Nach einem tollen Tag in Berlin und einer erholsamen Nacht, freuten wir uns auf das zweite Frühstück. Gut gelaunt kam ich aus dem Zimmer, da wedelte eine Dame (Inhaberin?) an der Rezeption mit meiner Liste und sagte bemüht freundlich, sie würden keinen Zimmerservice bieten und meine Schwester müsste das Essen selbst vom Buffet holen. Ich versuchte immer wieder zu erklären, dass ich nicht im Zimmer essen möchte, erklärte noch einmal worum es beim Essen geht. Doch irgendwie war da schon eine merkwürdige Stimmung und richtig verstehen wollte sie das wohl nicht. Sie drückte mir die Liste wieder in die Hand und ich fuhr hoch zum Frühstücksraum und hoffte auf die nette Angestellte vom Vortag. Weit gefehlt. Kaum angekommen baute sich der Chef vor mit auf, extrem aggressiv, erzählte mir wieder was von Zimmerservice und meine Pflegerin könnte ja und und und. Ich kam gar nicht wirklich dagegen an, versuchte abermals die Sache aufzuklären, aber es hatte keinen Sinn. Er wurde immer aufgebrachter. Erst als ich gehen wollte hat er mir dann zwei TK-Brötchen (die eh ständig neu aufgebacken werden) in den Ofen geschmissen.
Die Stimmung war da schon echt angespannt und beängstigend.
Dummerweise war dann alles, wirklich alles am Buffet mit einem Haufen Salat dekoriert (das Hotel ist nämlich sehr sehr stolz auf das Buffet). Notgedrungen fragte ich extrem vorsichtig und freundlich nach, ob ich ein wenig geräucherten Schinken bekommen könnte. Da kam es fast zum Super-Gau und der Typ platzte fast. Ich hab richtig Angst gehabt - total bescheuert ich weiß. Er stampfte mit mir zum Buffet damit ich zeigen konnte was ich haben wollte und erklärte dann vor den anderen Gästen, dass er froh wäre, dass SOLCHE Gäste sonst nicht in seinem Hotel wohnen würden. Ich war so geschockt und perplex - ich konnte gar nichts sagen. Insa hat ja schon einmal beschrieben, wie doof das ist, wenn man in den unpassendsten Momenten heulen muss. So war es in dieser Situation auch: ich konnte die Tränen einfach nicht stoppen. Ich bekam dann übrigens noch Schinken - auf einem Salatblatt!!!
Man hörte den Chef dann die ganze Zeit in der Küche mit den Angestellten zetern..
Das Ganze kam für ich so unerwartet, dass ich da nicht gegen gerüstet war. Diese ganze Situation hat mich wirklich mitgenommen - und das ärgert mich eigentlich noch mehr: Dass ich "solchen" Menschen die Macht gebe, mir die Laune zu vermiesen und mich so runter zuziehen.
Um nochmel eins klarzustellen: Es ist kein Problem, wenn ein Hotel die Sonderwünsche nicht erfüllen kann - dann frühstücke ich eben woanders. Der Ton macht die Musik. So ein Benehmen gehört sich einfach nicht.
Eine E-Mail
Das Beste danach war dann folgendes: Ich hatte auf deren internen Bewertungszettel - auf dem ich alles andere sogar noch sehr nett und gut bewertet habe - geschrieben, dass ich mir merken werde, dass "solche" Gäste nicht erwünscht sind und dies auch weitergeben würde. Ist doch wohl klar, dass ich keinem meiner transplantierten Bekannten dieses Hotel empfehlen werde. Als ich zu Hause ankam, hattte ich schon eine Droh-E-Mail des Hotels im Postfach.
O-Ton: Wenn ich in einem der öffentlichen Portale eine schlechte Bewertung abgebe, werden sie mich verklagen. Außerdem hätten sie mir das einzige Behindertenzimmer (brauche ja immer noch Rolli und Rollator) OHNE Aufpreis gegeben. Äh...bitte?!?! So eine Dreistigkeit, unglaublich. Im Detail zählten sie dann noch auf, was der Chef alles extra für mich getan hat und sie wären schließlich nur ein Drei-Sterne Hotel, da haben sie keine Zeit für solche Sonderwünsche.
Man fühlt sich eh schon immer ein bisschen schlecht, dass man überall alles erfragen muss und irgendwas Besonderes braucht. Außerdem würde ich auch lieber aus dem vollen Schöpfen und überall alles probieren und essen worauf ich Lust habe. Wir Lungentransplantierten machen diese Essensregeln ja nicht - wir befolgen sie nur.
Dieses Wochenende bin ich in Leipzig. Nach diesem Vorfall gehe mit sehr gemischten ins Hotel. Obwohl ich weiß, dass das unbegründet ist. So etwas passiert einem wahrscheinlich nur alle paar Jahre (hoffentlich).
Miriam