Was wäre die Winter-Weihnachtszeit ohne meine Kindheits-Wohlfühl-Serien: Nesthäkchen, Schwarzwaldklinik, Ich heirate eine Familie und ANNA. Und zwar nicht die Disney Frozen Anna, sondern die ANNA Weihnachtsserie aus den 80er Jahren. Für all die jungen Küken: Damals, als wir nur drei Fernsehsender hatten, gab es zwischen Weihnachten und Silvester im ZDF immer eine 6-teilige Serie. Das Ganze nannte sich zwar Weihnachtsserie, aber nur wegen dem Ausstrahlungszeitraum. ANNA löste 1987 einen totalen Balletthype aus. Aber mich berührte die Serie noch aus anderen Gründen.
Für alle unwissenden: Anna (Silvia Seidel) ist eine junge Ballettschülerin im Teenageralter. Durch einen Autounfall ist sie vorübergehend gelähmt - ohne Lebensmut und ohne Willen sich wieder zu bewegen. Im Krankenhaus und in der Reha begegnet ihr Rainer (Patrick Bach). Er ist seit einem Skiunfall querschnittsgelähmt und hat immer und überall seine Videokamera dabei (damals in den 80ern, da gab es keine Handys, Instagram und Co...). Rainer schafft es Anna neuen Mut zu geben und am Ende tanzt sie auch wieder Ballett. Außerdem gab es noch die Ballettlehrerin Madam Kralowa (Milena Vukotic), die eine Lungenerkrankung hat (Asthma?), an der sie am Ende auch stirbt.
Mein Leben mit 12
Ich war 1987 zwölf Jahre alt und schon richtig schwer Muko-krank. Mir wurde bereits ein Teil der Lunge entfernt, nachts bekam ich Sauerstoff, war im Jahr vier oder fünf mal im Krankenhaus, dazu Reha und ich war extrem untergewichtig. Für größere Ausflüge fingen wir an, einen Rollstuhl auszuleihen.
Wie fast alle Mädels in meinem Alter habe ich die Serie geliebt und hätte am liebsten auch sofort mit Ballett angefangen. Aber für mich war die Serie noch mehr. Die ein oder zwei Folgen die im Krankenhaus und der Reha spielen, waren für mich ja "normal". Endlich mal im Fernehen sehen, was ein großer Teil meines Lebens ist und das mit jungen Leuten. Überhaupt war dort alles neu - allein ein junger Rollstuhlfahrer und das in einer Serie für Kinder und Jugendliche. Das war schon besonders. Dazu die lungenkranke Ballettlehrerin, für mich natürlich eine besondere Verbindung. Allerdings hat mich immer aufgeregt, dass sie ihr "Lungenspray" total falsch benutzt - kein Wunder das es nicht geholfen hat. :-)
Motivation
Mukoviszidose ist in dem Zustand, in dem ich schon war, sehr therapieaufwendig. Viele Stunden Inhalation, Atem- und Phsiotherapie, Medikamente, Sauerstoff, künstliche Ernährung (bei mir ab 1988) und nach und nach setzte sich die Erkenntnis durch, dass Bewegung und Sport bei Lungenerkrankungen nicht mehr verboten, sondern sogar sehr wichtig sind. Da immer diszipliniert und motiviert zu bleiben, ist nicht einfach. Darum haben mir besonders gut die Szenen gefallen, die gezeigt haben wie hart Anna übt und trainiert. Das mag sich blöd anhören, aber noch heute kriege ich einen Motivationsschub, wenn ich das schaue. Jedesmal fange ich wieder an Treppen zu zählen, Tendus und Pliés zu üben und bin fest der Überzeugung mit viel Training schaffe ich alles - egal ob zu der Zeit mit Sauerstoff oder jetzt mit meinen kaputten Knochen und Muskeln. Natürlich rächt sich mein Körper jedesmal, aber ich lerne auch nicht daraus *lach*. In diesem Jahr hatte mein Körper vorgesorgt, damit ich erst gar nicht wieder auf dumme Ideen komme. Nach etwa zwei Monaten heftiger Schmerzen stellte sich einen Tag vor Weihnachten raus, dass ich einen Fersenbeinbruch hatte. Also nix mit Treppensteigen nach ANNA gucken.
Mehr Rainer...
Jetzt bin ich schon wieder ein bisschen vom Thema abgekommen. Warum sag ich, das ich mehr wie Rainer geworden bin, anstatt wie Anna. Da war (und ist) natürlich der Rollstuhl, anstatt von Ballettschuhen. Und ich hatte zwar keine Videokamera, aber es gab Menschen die behauptet haben sie würden mich nicht erkennen, wenn ich keinen Fotoapparat vorm Gesicht hätte. Ich habe so selten Freunde treffen können und meine wenigen schönen Momente waren so enorm wichtig für mich, dass ich einfach alles festhalten wollte, um mich in schlechten Phasen daran hochzuziehen. Außerdem musste Rainer viel trinken, weil seine Nieren Probleme machten. Damals waren zwar meine Nieren noch in Ordnung, aber ich musste viel trinken um den Schleim in der Lunge möglichst flüssig zu halten. Immer fröhlich sein, andere motivieren und versteckt eben trotzdem traurige, einsame Momente haben, auch darin fand ich mich wieder. Im Rückblick vielleicht noch mehr als 1987.
Miriam im Rollstuhl an Bord der Costa Luminosa 2019 - vor Corona, trotzdem mit Mundschutz |
...und doch noch ein bisschen Anna
Miriam, 2011, auf "Spitze" auf dem Seil vom kleinen Sport-Parcour in der Reha Klinik Zeepreventorium. |